Josaphat sieht deprimiert aus. Er lässt sich schwer auf den wackeligen Stuhl im Sprechzimmer sinken. Kein Lächeln zur Begrüssung. Eigentlich gar keine Begrüssung.
Welche Beschwerden er habe? Meine Übersetzerin, die erstmal die Basisanamnese erhebt, schreibt und schreibt. Dann erhalte ich das Krankenblatt zur Weiterbearbeitung.
Rückenweh, Kopfschmerzen, es zieht und sticht beim Atmen, Halsweh, Rippenschmerz, die Beine sind schwer, heisse und kalte Missempfindungen, Herzklopfen, der Hoden drückt, der After juckt.
Eigentlich ist Josaphat jung und sieht sportlich aus , denke ich, und mache mich an den Untersuchungsmarathon. Der Patient soll sich ja enstgenommen fühlen, und manchmal wirkt ja schon das Ernstgenommensein und es bessert sich zumindest ein wenig die Perspektive. Das braucht Zeit und die Dokumentation Platz auf der Patientenakte. Und eigentlich scheint alles in Ordnung.
Ob ich etwas übersehen habe mit meinem ja von Herzen vor allem chirurgischen Blick? Wir bitten den internistischen Kollegen, ein ergänzendes fachspezifisches Auge auf den Patient zu werfen. Und ein männliches auf den linken Hoden. Ist der vielleicht doch ein bisschen dicker als der rechte (obwohl er nicht wirklich krank aussieht…). Josaphat soll danach nochmal wiederkommen.
Fünf Patienten später ist er wieder da. Der Kollege hat nichts Neues entdeckt. „Soll Baumwollunterwäsche tragen“, steht da als Therapievorschlag.
Jetzt ist meine Übersetzerin dran, eine Runde Counseling einzuleiten. Ja, meint Josaphat, es gebe Probleme mit den Finanzen, und deshalb mit der Gattin und den Kindern. Doch, das bedrücke ihn sehr. Wir schicken ihn zu Bridgit, einer unserer Counseler.
Ob das einem afrikanischen Mann helfe, wenn ihn eine Frau berät? Gerade hier, bei den steileren Rollenunterschieden? Unbedingt, wird mir versichert, der letzte sei ganz begeistert und getröstet wiedergekommen.
Die Daily Nation gibt über die Festtage Tips, wie man die Zeit verbringen könnte, wenn man nicht zur Familie upcountry aufbricht. Wärmstens wird empfohlen, die älteren Damen und Herren in der Nachbarschaft zu besuchen, vor allem jene, die sich allein fühlten. Geraten wird dazu, unbedingt unparfümierte Vaseline als Gabe mitzubringen, da die alternde Haut davon profitiere, aber man solle auf jeden Fall auch seine kleineren Kinder mitnehmen, weil deren Lebendigkeit die vielleicht traurigen oder unbeweglichen Älteren aufmuntere!
(Danke an Sascha für das Foto!)
Januar 3, 2019 um 8:14 pm
Berührender Bericht. Trost und menschliche Nähe sind sooo wichtig und gehen oft im Alltagsleben unter….
Dezember 31, 2018 um 8:31 pm
Da ist es in Afrika bei dir nicht anders als im deutschen Altenheim bei mir. Menschliche Zuwendung ist oft die beste Medizin. Und die Lebendigkeit von Kindern lässt einen aufleben.😊