sabinewaldmannbrun

Farbe. Linie. Sehen.

Reisen in diesen Zeiten…

6 Kommentare

Neujahr, 4 Uhr morgens. Ich stehe mit einer dicken Reisetasche und 15 Paketen Verbandsmaterial am Flughafen. Es herrscht verschlafene Ruhe. Umweltfreundliche Stille. Im Rucksack warten elektronisch erstelltes Visum, negativer PCR-Test, Anmeldung beim kenianischen Gesundheitsministerium etc. etc. etc. Eigentlich fühle ich mich gut vorbereitet. Die Fluglinie sieht dies jedoch nicht so. Das PCR-Testergebnis ist auf deutsch verfasst. Das geht garnicht. Ich weise darauf hin, dass auch auf Bantu oder Chinesisch die Worte PCR-Test, negativ, mein Name und das Datum in Zahlen dieselben wären, aber….wenn ich nicht sofort eine englische Übersetzung vorweise, muss ich zurück nachhause fahren, sagt mir der motzige Herr am Schalter.

Neujahr, 4.15 morgens. Was nun? Die einzige Lösung für das Problem könnte die Laborbereitschaft in dem Krankenhaus sein, wo ich den Test gemacht habe, zum Glück dort, denn all die anderen Labors und Teststellen sind jetzt natürlich nicht erreichbar…Ich rufe dort an. Die Laborbereitschaft hat ein weites Herz und Verständnis. Stellt in Windeseile eine englische Übersetzung zusammen und faxt diese an die Fluglinie. Endlich ist das Blatt angekommen. Wird akzeptiert. Es kann losgehen. In Kenia wieder Vorweisen der diversen Blätter und QR-Codes. Endlich bin ich da.

Die Rückreisevorschriften wandeln sich wöchentlich. Die Kollegen, die zwei Wochen vor mir abgereist sind, hatten noch vergeblich versucht, sich auf einer afrikanischen Plattform einzuloggen, die dann aber als gehackt und nicht funktionsfähig geoutet wurde. Inzwischen hat nämlich das kenianische Gesundheitsministerium beschlossen, dass niemand das Land ohne negatives Testergebnis verlassen darf. Als ich dann zur Abreise anstehe, funktioniert die Plattform wieder. Man muß, um ausreisen zu dürfen, das negative Testergebnis dort hochladen, einen QRCode generieren und diesen dann ausdrucken. Je näher der Abreisetermin rückt, desto kribbeliger wird man als Reisender. Wird Strom da sein? (Dann musst du halt zum Ausdrucken in ein Hotel fahren, das einen Generator hat…schlägt jemand Findiges vor), wird der Computer funktionieren? Der Drucker? (alles nicht garantiert). Freitags vor Abreise fahren wir zum Testen. 2 Stunden Weg durch die allgegenwärtigen Nairobistaus, im Auto mit einer der hustenden, niesenden und tropfnasigen Schwestern und der gestern mit „bad flu“ erkrankten Hausangestellten (wobei die beiden nicht getestet werden, sondern nur denselben oder einen ähnlichen Weg fahren wollen), obwohl das Labor garnicht so weit entfernt ist. Fast genauso lang zurück. Das Testergebnis soll per email kommen.

Warten. Nachdenken über die Möglichkeiten. Nach 6 Wochen ohne Abstand, kaum Lüften, ohne Extra-Kittel bei verdächtigen Patienten, dafür aber mit vielen Hustenden, die ihre Masken entweder garnicht oder unter dem Kinn tragen, ist man sich nicht so sicher, wie der Test ausfallen wird. Abends um 10 ist er da und negativ (drei Luftsprünge!), aber das Hochladen auf der Plattform funktioniert nicht. Zu dritt versuchen wir’s, der schweizer Kollege, tief über den Bildschirm gebeugt, fragt, wie nur ein Durchschnittsmensch ohne medizinische Vorbildung mit diesem System zurecht kommen soll? Allein die Auswahloptionen für die Tests…Zum Trost: das Labor arbeitet auch am Samstag. Morgen rufen wir an.

Ja, ja, sagt der Kollege im Labor am Samstag, kommt alles noch, er schickt die nötigen Daten, auch auf die Plattform, das müßte ich nicht machen. Dort taucht dann auch tatsächlich nach einer weiteren Warteweile ein QRCode auf. Der Drucker tut brav sein Werk. Und die Papiersammlung scheint komplett incl. der Voranmeldung beim RKI mit Registrierungsnummer. Am Abend, nachdem ich mich in einer Schlange, die die halbe Gebäudelänge umfaßt, endlich ins Flughafengebäude geschlängelt habe, zeigt sich allerdings, daß doch noch etwas fehlt. Den QRCode will keiner sehen, dafür aber einen Corona-Schnelltest. Ach? Das stand nirgends. Und der PCR Test ist doch frisch? Nein. Entweder noch einen Abstrich, jetzt sofort, oder hierbleiben. Letzteres geht garnicht, ich hätte nicht mal mehr ein Bett, weil die beiden neuen Kollegen gerade angekommen sind. Am Flughafen gibt es den Test nicht, also mit dem ganzen Gepäck in ein Taxi, vollgestopft mit ärgerlichen Fluggästen, die auch von dieser Option überrascht wurden, und ab zu einer Klinik. Die sich als drei Zelte im Garten erweist, dort wieder warten, nochmal 35 Dollar bezahlen, wieder warten. Endlich mit dem gewünschten Ergebnis zurück, gerade noch rechtzeitig zum Abflug.

Zurück in Deutschland will niemand irgendein Papier sehen. Man nimmt seinen Koffer vom Band und verschwindet. Selten habe ich mich so gefreut, wieder zuhause zu sein…

6 Kommentare zu “Reisen in diesen Zeiten…

  1. Liebe Gerda, danke für Deinen Kommentar. Ich würde die vielen, zuweilen auch schlecht koordinierten und noch ungeübten Gehversuche verschiedener Länder mit einer sich international ausbreitenden Krankheit eher barmherzig sehen. Wenn man es andersherum betrachtet, ist es schon beachtlich, dass die afrikanische Union ihre Plattform immerhin innerhalb von 2 Wochen wieder funktionsfähig bekommen hat. Und warum ich bei all der Virendusche nicht krank geworden bin bisher, kann auch andere Gründe haben als die von Dir genannten. Als wahrscheinlichste sehe ich noch, daß ich aufgrund der dauerhaften Kontakte mit geringfügigen Virenmengen vielleicht eine Immunität auf der T-Zell-Ebene entwickelt habe oder eine Kreuzimmunität besteht und zum Glück habe ich immer die Möglichkeit gehabt, gut sitzende, angemessene Masken zu haben. Es ist noch nicht alles erforscht, was dazu führt, dass die einen schnell erkranken, die anderen aber nicht. Insgesamt bin ich jedoch einfach dankbar dafür, dass ich in diesem Einsatz gesund geblieben bin. Ich weiß, Gerda, dass Du bezüglich Ursachen und Maßnahmen andere Ansichten hast, sieh meine Antwort einfach als Ergänzung für die Erklärungsmöglichkeiten. Manche Fragen bleiben im Moment noch offen, und vieles kann man spekulieren.

  2. Die Meinungen bezüglich der getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 sind sehr unterschiedlich. Das lässt sich bereits beim Lesen der Kommentare hier feststellen.
    Ist es nicht so, dass der individuelle Opportunismus umso besser gedeiht, je mehr die äußeren Umstände unsere essenziellen Lebensgrundlagen bedrohen?
    In Ländern wie Kenia ist der Überlebenskampf alltäglich und allgegenwärtig.
    Da ist sich oft jeder selbst der Nächste; Misstrauen, Korruption, Kriminalität, Grausamkeiten und Machtkämpfe sind an der Tagesordnung. Das kann man mit Recht verurteilen, aber man sollte sich nicht erhaben darüber wähnen.
    Eine Situation wie die jetzige sind wir in unserer westlichen Gesellschaft nicht mehr gewohnt.
    Sie gibt uns aber einen Vorgeschmack davon, wozu wir als Menschen unter Umständen in der Lage sind und das unter der Oberfläche unserer zivilisierten Manieren ein anderes, weniger schönes Wesen existiert.
    Jeder meint Recht zu haben; manche nehmen sogar die moralische Oberhoheit für sich in Anspruch.
    Diejenigen, die ihre wirtschaftliche Existenz bedroht sehen, nehmen gerne eine höhere Sterblichkeit bei älteren und schwächeren Personen in Kauf. Das mag auch für jene gelten, die wegen Corona auf eine lebenswichtige Behandlung warten müssen.
    Die älteren Jahrgänge und die durch Krankheit geschwächten Personen stehen plötzlich vor einer potenziell lebensbedrohlichen Situation. Die meisten Menschen wollen leben und haben Angst vor dem Sterben.
    Das gilt sowohl für 20-Jährige als auch 90-Jährige.
    Für die Verantwortlichen und Entscheidungsträger ist das eine Gradwanderung, die kaum zu bewältigen ist.
    Fehler sind unvermeidlich.
    Nichts ist so schlecht, dass es nicht für irgendwas gut ist. Mögen wir uns jetzt daran erinnern und dankbar dafür sein, dass wir in einer Gesellschaft leben, die ein soziales Sicherheitsnetz für uns zur Verfügung stellt und die diejenigen beschützt, die Hilfe brauchen; die alten Menschen, behinderte Menschen, psychisch und physisch kranke Menschen.
    Wenn ich die Berichte von Frau Waldmann-Brun lese, wird mir bewusst welch unglaublicher Luxus das ist.

  3. Schön, dass Du wieder gesund zurük bist!! Ich habe deinen Blog interessiert und aufmerksam gelesen und immer gehofft, dass Du ein gutes Imunsystem hast… Sicher ist nicht jeder Husten Corona, aber an anderer Stelle schreibst Du ja auch, dass die afrikanischen KollegInnen einige Verwandte und Freunde an das Virus verloren haben… Also ich halte die Tests, Masken und Impfungen für absolut notwendig (werde als Betreuungsassistentin selber 3 x wöchentlich getestet und am Sonntag geimpft). Mich wundert nur, dass es am deutschen Flughafen keinerlei Kontrollen gibt…

  4. Großartig beschrieben, liebe Sabine ! Danke ! (meine Fantasie – einschließlich jahrelanger Nairobi- sowie Kalkutta-Erlebnisse – allerdings nur leicht – ähnlicher Art – schlug Purzelbäume).

    Sei herzlich in der Heimat willkommen, in der Du in Kürze (leider) erfahren wirst, dass hier weitgehende Tristesse herrscht, allgemeines Schimpfen, Gemeckere an allem und jedem, Besserwisserei und moralisches Einschlagen auf „die da oben“ sowie (willentliches?) Übersehen, wie gut es uns (fast) allen im Vergleich zum Rest der Welt geht. Sehr schade und auch undankbar gegenüber den Verantwortlichen, die sich Tag und Nacht um die Schaffung möglichst geordnete Verhältnisse quälen und gewiss sehr viele schlaflose Nächte haben. Natürlich läuft da auch manches unerwartet anders oder schief. Der stete Appell an die mündigen Bürger wird ständig bemüht bemüht, doch viele Angesprochene überhören dies manchmal gerne ( wie viele wohl auch von den von Dir Beobachteten, die vom Flugplatz aus einfach heimfahren, doch an Quarantäne-Regeln u.a. keinen Gedanken verschwenden ? Die haben wir nach wiederholten Flügen ebenso gesehen …und uns – u.U. aber auch falschen – Gedanken gemacht).

    Hoffentlich hast Du Dir doch noch ein bisschen afrikanische Erde zur Erinnerung auf Deinen Schuhen erhalten ! Schlaf Dich aus, erhol Dich ausreichend und sei herzlich gegrüßt ! Hans-Henning

    p.S.: Überlege Dir doch einmal, ob Du diesen Bericht nicht an Die Süddeutsche Zeitung, FAZ o.ä. schickst. Diese nehmen ihn gewiss mit Handkuss für ihre Reise-Seiten an. ….insbes. wenn Du dies noch mit dem Vermerk machst, dass dies im Rahmen von humanitären Hilfseinsätzen geschieht. Da können die lesenden Dauernörgler zdem mal erfahren, wie es in anderen Regionen der Welt zugeht. Unsere spanischen, französischen, indischen und englischen Freunde beneiden uns stets geradezu um unsere deutschen Verhältnisse ( …und um Frau Merkel ).

    Waren eigentlich von Deinen 3 Kolleginnen auf dem Foto auch welche von den Austrian Doctors mit im Einsatz? ( den T-Shirts nach nicht )

    Und noch etwa tolles Am Wochenende teilte mir Pater Peters Neffe ( Christoph Meienberg, der auch den Faradja Trust mit-organisiert ) mit, dass Peter eine hohe Auszeichnung für seine Verdienste um das Gefängniswesen Kenias verliehen wurde ! Vielleicht interessiert es Dich ja auch ? ….. s.Fotos dazu ganz unten

    >

  5. eindrucksvolle Schilderung, schön dass du wieder gesund und munter zurück bist.

  6. Wie du anschaulich schreibst, scheint dieser ganze Irrsinn anderen Zwecken als der Gesundheitsvorsorge zu dienen.
    Wie stehst du dazu nach deinen Afrikaerfahrungen? Wie du die Situation beschreibst, scheint die Pandemie nicht wirklich zu existieren, sonst wärest du bei alll den unkontrollierten Kontakten positiv getestet worden. Aber eine aufgeblasene Bürokratie freut sich, die Menschen schikanieren zu können, um ihre Existenz zu legitimieren.
    Wem also dient das Ganze? Der Bürokratie? den staatliche finanzierten Forschungsinstituten mit ihren endlosen „Studien“? den Herstellern von Tests, Masken, Impfstoffen etc pp? Wem sonst? Das ist meine Frage bereits seit April vergangenen Jahres, und Antworten bekomme ich nicht.

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