Am Wochenende ist Visite wie sonst auch, nur in etwas kleinerer Besetzung. Da ich sonst nichts vorhabe, und noch etwas in Sorge war wegen einem Patient, der am Freitag mit starkem Bauchweh bei Amöbenruhr aufgenommen wurde, begleite ich das kleine Häuflein Personal, das sich durch die Patientenzimmer schlängelt. Und siehe da, der Patient ist schon entlassen, hoffentlich, weil es ihm besser ging. Manchmal geht ja einfach das Geld aus… Auch die anderen Patienten scheinen auf dem Weg der Besserung, keine Katastrophen so weit. Im Wöchnerinnenzimmer präsentieren drei stolze Mamas die in den letzten zwei Tagen geborenen Babies. Ich bin so frei, mich nach der Visite zu verabschieden, wenn der Wochenenddienst sich in die Ambulanz begibt, wo gerade nicht wirklich viel los ist.
Jetzt ist der Tag ein weites Land und lädt zu Entdeckungen ein. Ich hatte schon länger im Sinn, ein paar Erdnüsse kaufen zu gehen, um besser für ausfallendes Frühstück gewappnet zu sein, aber das Angebot ist an den Büdchen, wo ich frage, ein bisschen mager. Zwar baut fast jeder Erdnüsse im Garten an, aber es gibt sie nicht breitflächig zu kaufen. Avocados und Mangos habe ich schon gefunden, frisch gewachsen und geerntet, wunderbar! Schliesslich komme ich bei ein paar Kindern vorbei, die immerhin winzige Portiönchen Erdnüsse verkaufen, jeweils ein Esslöffel voll, in Plastik eingeschweisst. Mit dem Rechnen ist es so eine Sache, und mit dem Herausgeben noch mehr, so dass ich schließlich das Rückgeld auch in Erdnüssen anlege. Fünf dunkle Kindergesichter strahlen mich an und ich freue mich, ein paar Nüsse gefunden zu haben.
Am Nachmittag dann geht es ein Stückchen spazieren, nachdem ein Gewitter mit Platzregen vorübergezogen ist, dicke weisse Wolken türmen sich noch am blauen Horizont, aber die Sonne scheint wieder unverdrossen heiß. Große Eidechsen in rot und violett huschen über Mauern, bunte Schmetterlinge und Libellen sind unterwegs und dicke Käfer brummen vorüber. Irgendwann lande ich in den feuchten Niederungen eines Reisfelds, und siehe da, ich treffe Landsleute: ein Herdchen Schwarzbuntvieh stapft tapfer durch die moorig nasse Landschaft am Ausläufer des Viktoriasees.
Mittendrin steht Marlon, ein wohlgenährter Bauer, und freut sich an den maigrün sprossenden Reisstängeln. Wir lassen ein paar Begrüßungsworte hin und herfliegen, dann lädt er mich ein, genauer zu schauen: sein Familien-Haus, sein Reis, sein Mangobaum! Auch ein Papaya- und ein Avocadobaum stehen in prallem Grün, Mais, Kartoffeln, Tomaten – halt alles, was man so braucht, um gut ernährt zu sein! Er erklärt mir dies und das, ich lobe seine fruchtbare, schwarze Erde, und ja, die Kühe sehen nicht nur aus wie bei uns, sie seien tatsächlich aus Deutschland. Ein Cousin kommt vorbei, Marlon möchte ein Foto mit dem Besuch aus der Ferne, von da, wo auch das Vieh herkommt! Wir posieren zwischen Reis und Rindern, man verabschiedet sich mit viel Dank und Willkommen. Asante und Karibu sana! Die Sonne sinkt über der Hügelkette…
Februar 19, 2023 um 7:14 pm
Wirklich habe auch sofort Bilder Kino , du kannst so malerisch erzaehlen.
Februar 19, 2023 um 6:08 pm
ach sabine – jetzt hab ich mich so eingelesen und die geschichte als film und in farbe gesehen und die geräusche, die stimmen gehört und plötzlich hörst du auf zu schreiben…………..menno 😉 – du lebst eine genial scheinende mischung aus so verschiedenen welten. die brücken zwischen den welten – wie diese wohl aussehen??? ich hab ein bild in mir………………….. 🙂
Februar 19, 2023 um 5:52 pm
Wie schön das klingt!weiterhin Segen und Bewahrung!