sabinewaldmannbrun

Farbe. Linie. Sehen.


Ein Kommentar

Lala salama – Mwanza IV

Die Nacht liegt ruhig, gebettet auf Grillengegeig, Froschquaken verschiedener Tonhöhen, Nachtvogelstimmen. Es ist ein vielstimmiges Zirpen, hin und wieder von einem Bassquaker begleitet, auch gibt es  ein Tier, dessen Stimme klingt, als fiele ein Tröpfchen ins Wasser, was sich dann in der Geschwindigkeit steigert, so dass man den Eindruck einer undichten Wasserleitung hat, gerade da frage ich mich, wie dieses Tier wohl aussehen mag? Ein Vögelchen, klein, mit langem, gebogenem Schnabel? Ein Minifrosch? Ab und zu ein Pfeifen – eine Riesenmaus? Ein Klippschliefer? Letztere sehen ja immer ein bisschen muffelig aus, wie verärgerte Murmeltiere, die sich gleich über irgendetwas beschweren möchten…

Mein Zimmer, direkt oberhalb der Krankenstationen gelegen, hat große Ohren, zumal immer das Fenster weit offen steht. Wenn nicht gerade jemand seinen Müll verbrennt, ist die Nachtluft frisch und würzig. 

Unten läuft weinend ein Kind durch die Station, mal lauter, mal leiser, klagend, dazwischen Stimmen, mal ungehalten, mal aufgeregt. Wetterleuchten über dem Viktoriasee. Sterne. Ich denke über die Niederlagen des Tages nach. 

Die junge Frau mit dem so lange verschleppten Abszess der linken Brust, weil keiner so recht Mumm hatte, einmal richtig unter Kurznarkose hinein zu schneiden, ordentlich zu spülen, dann wäre die Wundfläche jetzt um ein mehrfaches kleiner. Es helfen eben nicht jedesmal nur Antibiotika…

Der Schulbub, schwer atmend, lebensbedrohlich krank, alle Symptome eines weit fortgeschrittenen lymphatischen Tumors, aber quälend langsam behandelt, ja eigentlich bisher nur durch die Diagnostik geschickt, an einem Tag im Ultraschall, am nächsten nochmal Labor, und dann, noch zwei Tage später, ein CT, das in Deutschland befundet wird und dann zuweilen erstmal noch übersetzt werden muß und natürlich reicht das Geld nicht, genau an der Stelle, wo man denkt, die Zeit läuft ab, der Bub kann nur noch im Sitzen schlafen, weil er kaum atmen kann, und man denkt, jetzt muß etwas passieren, am besten gestern, aber auch morgen wird noch dies und das überlegt…

Gibt es Lösungen? Unkonventionelle? Vorsichtig diplomatisch formulierte Lösungsvorschläge? Es muß gut abgewogen sein, wer was bezahlen soll oder kann, wo was geschehen kann oder darf, und jetzt vor allem wann?

Und der Kampf um die Schere, eine einfache Schere für das Verbandszimmer, nicht steril, aber sauber, für diejenigen, deren Fingernägel nicht scharfkantig sind, die aber dennoch gerne Pflaster, Mull und anderes zurechtschneiden würden, wenn, ja wenn es eine Schere gäbe? Ich denke an all die Scheren, die im Lager auf ihren Einsatz warten, aber ist derjenige, der den Schlüssel hat, erreichbar, wenn eine Schere gebraucht wird?

Das Gesumm der Moskitos endet am Netz. Was die Ameisen wohl im Dunkeln planen? Einen neuen Eroberungsversuch verlockender Dinge in Schrank oder Koffer?

Morgen ist ein neuer Tag. Neue Chancen, neue Möglichkeiten. Was haben wir uns kürzlich zugesprochen? Hoffnung ist immer…

Morgen werden wir wieder, inmitten der stark abgeblassten, aber tief verschneiten bayrischen Schneeberge im Sprechzimmer (die ein Recyclingfan aus dem Spendenkonvolut entnommen und dort aufgehängt hat) hoffnungsvoll an der Zukunft arbeiten.

(Lala salama: Kisuahili für ‚Schlaf gut‘, wörtlich übersetzt ‚Liege im Frieden‘)


3 Kommentare

Afrika – Malerei : Ein Augenreisebuch…

Ich freue mich sehr über diese Neuerscheinung – eine vielfarbige Reise durch meine Afrikamalerei aus den letzten 10 Jahren, dank meiner sorgsamen Verleger in bester Farbwiedergabe und in allen lokalen Buchläden (und den Versand-Buchprovidern) bestellbar!

Mit einem Vorwort von Vera Schindler-Wunderlich und einem Epilog von mir selbst, 60 Seiten, gebunden, 21x21cm, 19,95 Euro, durchgehend vierfarbig…( ein Blättern im Buch als winziges Filmchen findet sich auf meiner Instagramseite!)

ISBN 978-3-945879-56-6

I am happy to announce my new book – a colorful journey into my Africa-paintings of the last 10 years! Thanks to my high-skilled publishers, who made it possible that the colors are original and the book can be ordered at all local bookshops and well known online-bookproviders.

60 pages, all in color, hardcover, 21x21cm, 19,95 Euro, ISBN-Order-Number as above…


7 Kommentare

Reisen…Travelling…

Ein Reisepass ist auch eine Einladung zum Gedankenreisen, sich erinnern, exotische Visa anschauen…Ist das Teil dann noch abgelaufen, kann man sich auch farblich noch ein bisschen darin ausbreiten, weil der Passrücken bindungsmäßig so geschaffen ist, dass er sich zum Buchrücken entfaltet, wenn man etwas einklebt…Und plötzlich hat sich der Bundesadler in ein Huhn verwandelt!

Passports are not only documents, but also an invitation to travel by imagination, remember, looking at exotic visa… And: passports are made to unfold, if paper or other additions are glued inside – the back is transforming into a bookback! So what to do with the expired one that still holds a lot of memories?


14 Kommentare

Nachtaktivitäten – Roadmovie 5

Unterwegs im ärztlichen Notdienst. Der erste Patient sorgt bereits für Diskussionen. Mein Fahrer, jung und sehr vorsichtig, was den Infektionsschutz angeht, hält die Hausbesuchsanforderung in der Hand. „Wollen sie da nicht anrufen? Das lässt sich ja sicher auch telefonisch klären.“ Der Patient, noch jünger als der Fahrer, coronapositiv, hat seit 3 Tagen hohes Fieber. Bei seinem Geburtsdatum vermutet der eine oder andere einen Männerschnupfen. Einen potentiellen Jammerlappen. Warum sich der Infektionsgefahr aussetzen? Aber: ich kann eine Lunge nicht per Telefon abhören. Das Argument überzeugt. „Ich geh aber nicht mit rein,“ sagt mein Fahrer. Natürlich nicht. Selbst ich gehe, obwohl vollverkleidet, nicht hinein, wenn der Patient zur Tür kommen kann. Und die Versicherungskarte kann man auch einen Treppenabsatz tiefer einlesen. Wir fahren hin. Der Patient hat Atemnot. Die Lunge klingt garnicht gut. Die Sauerstoffsättigung ist im unteren Normbereich. Die Einweisung in die Klinik ist ihm ganz recht, erstmal nur für weitere Diagnostik. Hin und wieder sieht die Lunge in der Bildgebung schlechter aus, als man es vermutet hätte. Lebt noch jemand im Haushalt? Ja, die Freundin, die ist aber bei der Arbeit. Wie kann das sein, wenn er positiv getestet und erkrankt ist? Na, sie habe keine Symptome. Und arbeitet im Einzelhandel. Testergebnis gab es noch keines, man warte darauf. Wir stellen uns jetzt nicht vor, wen sie alles angesteckt haben könnte.

Der nächste Patient lebt im Seniorenheim, er atme schlecht. Im selben Heim war ich bereits vor einer Woche, da waren es 10 Patienten mit verdächtiger Symptomatik, zwei weitere bereits positiv. Heute sind die Ergebnisse des Reihenabstrichs da: es sind über 20, die ein positives Testergebnis haben. Der anzuschauende Patient quält sich mit der Atmung, ist garnicht mehr ansprechbar, trotz Sauerstoffgabe hat er eine Sättigung von nur 82%. Sehr ungesund auf Dauer. Warum wir jetzt erst angefordert worden seien? Sie habe am Morgen schon angerufen, sagt die Pflegerin. Da der Sohn keine weiteren Maßnahmen mehr wolle, habe der Kollege per Telefon Sauerstoff und Fiebersenkung angeordnet. Ich rufe den Sohn an. Doch, vor einer Woche war der Vater noch mobil, man konnte sich mit ihm unterhalten. Und nein, eigentlich wolle er nicht, dass der Vater so erstickt. Sich so quälen muß. Und wenn er beatmet wird, ist er sediert, er wird es nicht spüren. Wird viel weniger spüren als im Moment, wo selbst bei 30 Atemzügen pro Minute und Sauerstoff nicht genug Luft zu bekommen ist. Ich soll ihn einweisen. Gut so. Der Kollege in der Klinik hat noch genügend Kapazitäten. Es will wirklich gut abgewogen und besprochen sein, was da in der Patientenverfügung steht. Das kategorische „es soll nichts mehr gemacht werden“ ist zuweilen weder barmherzig noch angebracht. Oft ist es nötig, den Gesichtsausdruck des Patienten zu sehen, um eine angemessene Entscheidung zu treffen.

Die nächste Patientin ist bereits tot. In Heim Nr. 2 sind inzwischen alle (!) Patienten und 80% des Personals positiv getestet. Die Schwester erzählt mir von einer 85jährigen, die jetzt, nach Ende der Beatmung in der Klinik, auf dem Weg der Besserung und wieder aktiv sei. Na, mal eine gute Nachricht!

Der nächste Patient in Heim Nr. 3 befindet sich in infektionsfreier Umgebung. Hier hat es besser geklappt mit dem Infektionsschutz, es ist kein ausgewiesener Demenzbereich, in dem er sein Zimmer hat, die Bewohner verstehen noch, wo man vorsichtig sein muss. Aber auch er hat Mühe mit dem Atmen. Seit 3 Wochen wird das Herz schwächer, zwar hat der Hausarzt die Medikamente umgestellt, aber das reicht offensichtlich nicht, der Patient hat in dem Zeitraum 14 kg zugenommen an Wassereinlagerungen. Die Ödeme gehen bis unter die Achselhöhlen. War denn mal der Hausarzt vor Ort und hat ihn angeschaut? Die Pflegerin erzählt, scheints habe er noch nicht zurück gerufen. Vor einer Woche schon hätten sie einen Hausbesuch angefordert. Ich stelle mir den Kollegen vor, der zwischen Infektionsschutzmaßnahmen, verunsicherten Patienten und erkrankten Arzthelferinnen rotiert und nicht mehr weiß, wie er das alles schaffen soll. Wir weisen den Patient ein. Und das ist ihm ganz recht. Der Patient ist ein geistig wacher, reflektierter Mann, wenn ihm auch das Wasser bis zum Hals steht.

Wer sich bis hierher durch diesen kleinen Bericht gekämpft hat, verdient ein Lob. Wer mag das alles noch hören? Überhaupt, das C-Wort, es hängt einem aus den Ohren heraus. Und trotzdem denke ich, es ist gut, davon zu erzählen, wie es an den Stellen aussieht, wo die Folgen von Corona offensichtlicher sind als in der Fußgängerzone oder im Reisebüro. Was wird nur aus den Patienten, die keinen Fürsprecher haben, der sich auf die Zehenspitzen stellt und notfalls dreimal darum bittet, dass der Kranke angesehen wird? Und auch nicht erst in einer Woche, sondern heute? For crying out loud…Doch, manchmal würde ich nach einem solchen Dienst gerne laut schreien.


Hinterlasse einen Kommentar

Besuch! – A Visit!

Seit langem wagt sich wieder ein Gast für vier Tage in unser Gästezimmer – Ruth aus der Schweiz reist (nicht nur) für eine bunte Malzeit an! Menschen malen steht auf dem Programm, passend zu ihrer Arbeit, in der Interaktionen, Miteinander und Kommunikation eine wichtige Rolle einnehmen. Lange Streifen entstehen, und schließlich farblich verbundene Gruppen. Ich lasse mich inspirieren…

Finally a guest is courageous again to come for a visit: four colorful days of painting together inside and plainair. Her work at home includes mainly interaction and communication. I am inspired, too…