sabinewaldmannbrun

Farbe. Linie. Sehen.


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Marafiki zetu mchwa! – Mwanza V

Überraschung vor den Frühstück: die Ameisen haben im obersten Schrankfach  eine Tüte mit Studentenfutter aufgestöbert. Eine kleine, feine Krabbelstraße hat sich bereits nach dort oben gebildet. Hier und da hat sich auch jemand in eine Socke oder Bluse verirrt. Also keine Nüsse zum Frühstück. Beim Schütteln der offensichtlich nicht ausreichend verschlossenen Tüte rieseln um die 200 Ameisen nach unten.

Wie wird man nun die Gäste im Inneren am besten los? Ich schütte den Tüteninhalt kurzerhand in ein Schälchen und Wasser darüber. Das erspart uns ein langwieriges Handgemenge. Die Gäste lassen sich so problemlos abgießen. Wie bekommt man jetzt aber die Nüsse wieder trocken? Ich denke mir, auf einem Teller ausgebreitet, müssten sie in der heißen Tropensonne eigentlich schnell wieder trocknen. 

Um erneuten Ameisenbesuch auszuschließen, wird ein Türmchen errichtet: eine Schale mit Wasser, in der Mitte eine Kaffeedose, darauf den Rest vom Abendbrot gestern, der noch zum Mittagessen reicht, in einer Tupperdose, dann obenauf der Teller mit den Nüssen. Kontrolle: kein Kontakt mit irgendetwas, das man als Brücke nutzen könnte? Nein.

Am Mittag ist zu sehen, wie sich Ameisen um die Wasserfläche sammeln. Sind sie nur durstig oder planen sie eine Hängebrücke, Füßchen an Füßchen? Sind sie dabei, schwimmen zu lernen? Am Abend haben sich tatsächlich schon wieder zwei Ameisen zu den Nüssen gesellt. Scheinbar dauert es, bis man als Ameise schwimmen gelernt hat, daher nur so wenige? Oder sind sie einfach die Wand hinaufgeklettert und haben sich von oben herunterfallen lassen, direkt dahin, von wo verlockend der Nussduft aufsteigt? Die Welt der Ameisen ist voller Geheimnisse und Wunder…

Marafiki zetu mchwa – Kisuahili für: unsere Freunde, die Ameisen.


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Baumwollunterwäsche

Josaphat sieht deprimiert aus. Er lässt sich schwer auf den wackeligen Stuhl im Sprechzimmer sinken. Kein Lächeln zur Begrüssung. Eigentlich gar keine Begrüssung.

Welche Beschwerden er habe? Meine Übersetzerin, die erstmal die Basisanamnese erhebt, schreibt und schreibt. Dann erhalte ich das Krankenblatt zur Weiterbearbeitung.

Rückenweh, Kopfschmerzen, es zieht und sticht beim Atmen, Halsweh, Rippenschmerz, die Beine sind schwer, heisse und kalte Missempfindungen, Herzklopfen, der Hoden drückt, der After juckt.

Eigentlich ist Josaphat jung und sieht sportlich aus , denke ich, und mache mich an den Untersuchungsmarathon. Der Patient soll sich ja enstgenommen fühlen,  und manchmal wirkt ja schon das Ernstgenommensein und es bessert sich zumindest ein wenig die Perspektive. Das braucht Zeit und die Dokumentation Platz auf der Patientenakte. Und eigentlich scheint alles in Ordnung.

Ob ich etwas übersehen habe mit meinem ja von Herzen vor allem chirurgischen Blick? Wir bitten den internistischen Kollegen, ein ergänzendes fachspezifisches Auge auf den Patient zu werfen. Und ein männliches auf den linken Hoden. Ist der vielleicht doch ein bisschen dicker als der rechte (obwohl er nicht wirklich krank aussieht…). Josaphat soll danach nochmal wiederkommen.

Fünf Patienten später ist er wieder da. Der Kollege hat nichts Neues entdeckt. „Soll Baumwollunterwäsche tragen“, steht da als Therapievorschlag.

Jetzt ist meine Übersetzerin dran, eine Runde Counseling einzuleiten. Ja, meint Josaphat, es gebe Probleme mit den Finanzen, und deshalb mit der Gattin und den Kindern. Doch, das bedrücke ihn sehr. Wir schicken ihn zu Bridgit, einer unserer Counseler.

Ob das einem afrikanischen Mann helfe, wenn ihn eine Frau berät? Gerade hier, bei den steileren Rollenunterschieden? Unbedingt, wird mir versichert, der letzte sei ganz begeistert und getröstet wiedergekommen.

Die Daily Nation gibt über die Festtage Tips, wie man die Zeit verbringen könnte, wenn man nicht zur Familie upcountry aufbricht. Wärmstens wird empfohlen, die älteren Damen und Herren in der Nachbarschaft zu besuchen, vor allem jene, die sich allein fühlten. Geraten wird dazu, unbedingt unparfümierte Vaseline als Gabe mitzubringen, da die alternde Haut davon profitiere, aber man solle auf jeden Fall auch seine kleineren Kinder mitnehmen, weil deren Lebendigkeit die vielleicht traurigen oder unbeweglichen Älteren aufmuntere!

(Danke an Sascha für das Foto!)

http://www.german-doctors.de