sabinewaldmannbrun

Farbe. Linie. Sehen.


6 Kommentare

Ebola V

Vor kurzem kehrte eine Kollegin von ihrem Einsatz mit dem Roten Kreuz in einem SITTU (Severe Infection Temporary Treatment Unit) in einem der von Ebola am stärksten betroffenen Länder Westafrikas zurück. Für einen Monat hatte sie dort mitgearbeitet.

Beide hatten wir uns im Herbst 2014,  in der heissen Phase mit hohen Infektionsraten in Guinea, Sierra Leone und Liberia, für einen Einsatz beworben, doch die Vorlaufzeit war so lang, der Einsatzzeitpunkt so lange unklar, dass ich schliesslich beschloss, den bereits lange vorher zugesagten Einsatz mit German Doctors in Nairobi nicht abzusagen, sondern dort tätig zu werden. Die Kollegin hatte planungstechnisch mehr Freiraum und reiste im April endlich aus.

Jetzt, da die Neuinfektionsraten zwar auf niedrigem , aber immer noch ernst zu nehmendem Niveau angekommen sind, gibt es reichlich Kritik. Die Hilfe aus Deutschland sei zu spät gekommen, in dem von Bundeswehr und DRK errichteten Zentrum seien nie Ebolafälle behandelt worden etc. etc.

Die Kollegin beschreibt mir, welch kostbare Arbeit im SITTU geleistet wird: da die diagnostischen Möglichkeiten gut sind, kommen ehemalige Patienten, um ein Zertifikat über ihre wieder erlangte Einsatzfähigkeit zu erhalten, so dass sie in den normalen Gesundheitszentren arbeiten können (die nun dringend wieder aufgebaut werden müssen). Ebolafälle können diagnostiziert und in ein spezifisches Ebolabehandlungszentrum verlegt werden (was in den örtlichen Krankenhäusern noch nicht überall der Fall ist). Das einheimische Gesundheitspersonal wird trainiert, und  gerade diese Menschen erhalten aufgrund ihrer nun hohen Kompetenz in Triage und Behandlung sofort einen Job und können ihrerseits ausbilden. Was wiederum dem geschwächten Gesundheitssystem zugute kommt. Infektionskrankheiten mit ebolaähnlicher Symptomatik ( Meningitis, Masern, Cholera und Malaria) können im Zentrum behandelt werden. Bei aller Kritik am langsamen Anlaufen der Hilfe in der Hochphase ist zu bedenken, dass noch lange nicht „alles gut“ ist und gerade die Basisarbeit (Aufklärung, Schulung, Reintegration…) wichtig ist.

Recently one of my colleagues from German Doctors came back home from work at a SITTU (see above) in one of the severely hit countries of West Africa. She had joined the team of the German Red Cross for one month in the context of Ebola.

We both had applied for volunteering in fall 2014, in the high time of exceeding infection rates in Guinea, Sierra Leone and Liberia. But it took a long time until the unit was built and until November no date could be fixed, so I finally decided to join German Doctors at Nairobi, since this had been planned for a long time in advance. 

Now, that infection rates are decreasing, but are still active on a level that has to be taken seriously, there is a lot of criticism. Help from Germany was late, the unit was not used for treatment of Ebola cases and so on…

While my colleague describes her work at the SITTU,  I find out how precious these activities are even now: since the equipment to fix a diagnosis is excellent, patients know soon, if they have come down with Ebola or not, those who survived the disease can get a  certificate of not being infective any more and are able to work again to take part in building up the weakened health system again. Local health professionals are trained thoroughly, and these trainees soon become trainers themselves and are very welcome on the job market. Infections with ebolaalike symptoms (Meningitis, Measles, Cholera, Malaria) can be treated here also. Though in the beginning it took a long time to build up the needed capacities, they now are doing a good job. Especially training, capacity rebuilding and integration are needed now…


Hinterlasse einen Kommentar

Ebola IV

Die aktuelle Presse zeigt sich z.Zt. wortkarg bzgl. der Seuche. Dennoch auftauchende Fotographien sind dominiert von der Figur des im weissen oder gelben Schutzanzug verborgenen Helfers, der hier und dort als Held bezeichnet wird. Eilmeldungen vereinzelter Infektionen in der übrigen Welt sind von ausführlicher Berichterstattung begleitet. Der Fokus liegt auf den Folgen für die reichen Länder.

Ich vermisse die Gesichter und Stimmen der Betroffenen: der Kranken, ihrer Angehörigen und derer,  die keine andere Wahl haben, als in ihrem Heimatland unter den aktuellen Bedingungen tapfer die Stellung zu halten, in einer Zeit, da die Lebensmittelpreise dramatisch steigen, die Handelswege blockiert, die Schulen geschlossen sind und die Gesundheitsversorgung zusammengebrochen ist. Ganz zu schweigen von dem Verbot, einander zu berühren und die Kranken und Sterbenden so, wie es immer Brauch war, zu versorgen und zu bestatten.  Noch immer liegt  die Übertragungsrate der Krankheit über 1 und es ist lediglich ein Viertel der Betten vorhanden, die gebraucht werden, um die Kranken zu versorgen. Menschen sterben an zuvor behandelbaren Krankheiten wie Malaria und Geburtskomplikationen, weil Gesundheitszenten geschlossen sind.

Der Kontakt zu den einheimischen Mitarbeitern im German Doctors‘ Projekt in Sierra Leone ist nach wie vor intensiv. Das örtliche Team hält die Gesundheitsversorgung, so gut es geht, in Serabu aufrecht. Patienten werden Kosten erlassen, Nahrungsmittel verteilt. Pläne werden erstellt, die benachbarten Gesundheitsstationen, zum grössten Teil geschlossen, wieder fit zu machen und mit Material und Wissen zu versorgen. Leitlinien werden für die veränderte Situation erarbeitet. Mit hohem Respekt sehen wir, wie das einheimische Team die Arbeit auf gutem Niveau weiterführt.  Es bleibt zu hoffen, dass der Ebolaausbruch nicht irgendwann, wenn die übrige Welt sich wieder sicher fühlt, unter „ferner liefen“ abgelegt wird, wie so viele Gesundheitsprobleme der weniger finanzkräftigen Welt zuvor.

Right now the international press is rather taciturn about Ebola. Reports are dominated by the impressive figures of health workers in white or yellow protection suits, sometimes called heroes. The rare cases of infection in countries of the „first world“ are reported immediately and followed thoroughly.  

 I miss the faces and voices of the sick, of their relatives and colleagues. Of those who don’t have a choice then to stay and struggle under the worsened circumstances like broken down health systems, dramatically increasing food prices, closed schools and blocked travel routes. Not to speak of the order not to touch each other any more or to follow the ancient rules of honoring those who have died.  

Staying in touch closely with the local staff at German Doctors‘ project in Sierra Leone we try to catch up with the changing situation and needs. Patient-fees are lowered, food supplies given. The lokal health posts, most of them closed, are going to be included in the teaching outreach and support with protection equipment. Guidelines are founded how to continue. With high respect we see the local team stay and continue the hospital work on a good level.  Let’s hope and try that the welfare of the west african people stays a major issue, even if the ‚first world‘ feels protected well again.


Hinterlasse einen Kommentar

Ebola III

Die Zeiten im German Doctors‘ Projekt Serabu haben sich geändert. Gesundheitsposten haben geschlossen, weil Personal geflohen ist oder sich mit der Seuche infiziert hat. Die Schulung der Mitarbeiter durch das Würzburger Institut für Tropenmedizin hat neue Standards in Hygiene, Selbstschutz und Patientenbehandlung geschaffen. Es sind aus Sicherheitsgründen bis auf die mit Management befasste Langzeitärztin keine Kurzzeitärzte mehr vor Ort, die Patientenzahlen sind zurück gegangen, weil die Menschen fürchten, sich in der Klinik mit Ebola anzustecken. In gewisser Weise ist das in den letzten drei Jahren unterstützte Projekt ungeplant und abrupt nahezu selbständig geworden – das einheimische Personal ist, ohne ärztliche Unterstützung, selbstverantwortlich für die Fortführung des Klinik- und OP-Betriebs, was gut gelingt.  Zwischenzeiten mit geringer Patientenbelegung werden von den Mitarbeitern  zur Aufklärung der Landsleute in den umliegenden Dörfern genutzt – diejenigen, die für ihre gute Arbeit im Krankenhaus bekannt sind, werden eher gehört als Fremde von ausserhalb. Trotzdem ist, wer die Gesichter, Geschichte und Anliegen der Mitarbeiter kennt, in Sorge. Es beschämt, selbst aus Sicherheitsgründen nicht vor Ort sein zu dürfen, während jene, die uns aus intensiver, gemeinsamer Arbeit vertraut und geschätzt sind, keine andere Wahl haben, sie müssen bleiben…. Times have changed in the German Doctors’s project in Serabu, Sierra Leone. Health posts in the surroundings have closed, health workers ran away or died. Teaching the staff of Serabu hospital has set new standards in hygiene, protection of the team and isolation of the sick. Following the advice of the management, there are no more short term doctors and patient numbers have decreased since people are afraid to get infected in the hospital.  In some way the project is thrown into cold water, being almost independent now. Since there is only one longterm doctor present for management, the local staff has to keep up the daily surgical, gynaecological routine, which works very well. Times with few patient-consultations are used for informing people in the villages about the disease and how to cope with it to prevent transmission: those who are already known for their good work at the hospital are respected also in their advice. In spite of these good news in the midst of disaster we are worried about our colleagues far away. Knowing their faces, their homes and families  makes ashamed for keeping distance – they have to stay, they don’t have a choice….


Hinterlasse einen Kommentar

Ebola II

Schule und Lernen hat an vielen „armen“ Orten der Erde einen anderen Stellenwert: so sehr erwünscht, aber doch nur unter Schwierigkeiten möglich – weil es keine Schule, nicht genügend Lehrer, kaum Experten gibt, weil Schule bezahlt werden muss, weil, weil…

In Serabu, dem Klinikprojekt von German Doctors in Sierra Leone, wird die Ausbildung der einheimischen Mitarbeiter sehr ernst genommen. Entwicklunghilfe muss sich entbehrlich machen, wenn sie nachhaltig sein will. Der chirurgische und der anästhesiologische Azubi, zwei junge Männer aus dem Land, sind hoch motiviert. Ein 1:1 Lehrverhältnis ist auch erstklassig; wo gibt es in Deutschland in der Facharztausbildung Einzelunterricht durch einen Facharzt, täglich für mehrere Stunden?

Jetzt, in der angespannten Situation im Kontext der Ebola-Epidemie, die auch Sierra Leone erfasst hat, schien es sinnvoll, dass ein Experte aus dem tropenmedizinischen Institut in Würzburg die Klinik besucht hat, um das Personal zu schulen: Wie findet die Übertragung überhaupt statt? Unter welchen Bedingungen (über)lebt das Virus? Welche Hygiene-Maßnahmen sind bei Verdacht auf Ebola essentiell? Wie damit umgehen, wenn ein Patient mit Ebolaverdacht aufgenommen werden muss?

Wie kann eine Buschklinik, fern ab der Hauptstraßen, ohne verlässliche Internetverbindung, ohne Buchladen für Fachliteratur im Umkreis von hunderten von Kilometern, adäquat mit einer Bedrohung wie dieser umgehen?

Ausbildung ist kostbar.

Ebola

Hinterlasse einen Kommentar

Ebola

Irgendwo in Afrika südlich der Sahara.
Warten vor einer Gesundheitsstation.
35° im Schatten (wie an 246 Tagen im Jahr).
3-6 Stunden Fußweg zur nächsten Klinik.
Der Bus, einmal täglich, fährt nicht fahrplanmäßig, sondern wenn er voll besetzt ist (das heißt: 3-5 Personen auf 2 Plätzen).
Die einzige Krankenschwester auf der Gesundheitsstation hat Malaria, wie die Hälfte ihrer Patienten. Deshalb geht alles noch ein bisschen langsamer als sonst.
3-4 Stunden Wartezeit muss man einplanen.
Schmerzmittel: Paracetamol, falls nicht out of stock.

Es wird berichtet, dass das erneute Aufflackern von Ebola in Westafrika, u.a. in Sierra Leone, auch darauf zurück zu führen ist, dass die Bräuche um die Bestattung von Familienmitgliedern wie das Waschen und Umarmen des Verstorbenen nicht unterlassen werden, dass aus Angst, in Quarantäne geschickt zu werden, Sterbefälle nicht gemeldet werden (wer soll in der Zeit die Feldarbeit machen, die Kinder versorgen, etc. etc.).
Ist es nicht auch verständlich, wenn die Menschen vor Ort den Vorschriften von Ausländern in weißen Schutzanzügen zunächst misstrauisch gegenüber stehen? Ausländer, die Regeln diktieren, haben sich oft genug als nicht vertrauenswürdig erwiesen.
Es würde einen Unterschied machen, wenn Landsleute diejenigen wären, die auf die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften bestehen.
Die Katze beißt sich in den Schwanz: die beste Investition ist die Förderung einer guten Ausbildung der Menschen vor Ort….