Kleine Sommermalerei : Plantation of little hopes – Farbtusche, Kreide und Buntstift auf Papier
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Sketchbook Kenia – On the shore
13 km of sand, dunes, and the absence of any sign of tourism…
Die Weite, der Raum.
Sand, Meeratem und Dünen.
Warten auf Regen und Gerechtigkeit
Waiting for rain and justice…
Im Amt für Wettergestaltung
Ein Traum – ich bin vom Amt für Wettergestaltung zur königlich-kaiserlichen Wettermalerin, zunächst nur auf Probe, ernannt worden. Nachdem der Kollege, ein begabter Künstler, feinsinnig und einfühlsam, spurlos verschwand, herrscht grosse Not.
Gerne springe ich ein. Auf dem Weg in mein Amtsstübchen mit angrenzendem Hightech-Atelier komme ich nur langsam voran. All die wartenden, weinenden Menschen, die das von dem Kollegen hinterlassene kühle Regenwetter beklagen, bilden ein kaum überwindliches Hindernis. „Das Amt für Wettergestaltung hat stets ein offenes Ohr für Ihre Wünsche“, steht schon draussen auf dem Amtsschild. Neben dem Malen des Wetters ist das Hören des Volkes eine meiner wichtigsten Aufgaben.
Die Schar der Weinenden sammelt sich um mich. So viele Klagen:
Die Tomaten faulen, der Zweijährige hat sich erkältet, der Hund hat eine Feuchtmykose entwickelt, der Opa kann nicht auf seinem Stuhl im Garten sitzen, die Wäsche trocknet nicht, Frau Müller hat einen Pilz zwischen den Füssen, der Liegestuhl schimmelt, die Investition in die Klimaanlage hat sich wohl gar nicht gelohnt, der Blutdruck ist zu niedrig, man kann ja nicht nach draussen zum Spazieren…
Ich trete zum Fenster meines Ateliers und habe von dort einen weiten Blick über das Land. Der Himmel hängt wie ein graues Tuch über den in zartem Dunst liegenden Hügeln, ein feiner Nieselregen feuchtet das Land.
Ich trete an meine Staffelei, und beginne, einen Sommertag zu entwerfen, einen Bilderbuchtag, leuchtend schön und warm, und sehe, wie sich das Land vor meinem Fenster wandelt. Mein Hightechatelier passt in Windeseile das reale Wetter an meinen Entwurf an.
Ich schaue nach draussen: ein samtener Himmel in Kobaltblau wölbt sich über den dampfenden Wiesen, klar und golden strahlt die Sonne, lockt Lindenduft und Kieferwürze. Die Wärme prickelt auf der Haut, Schmetterlinge erwachen, Lavendel verströmt das Aroma eines Gartens am südlichen Meer. Glitzernd brechen sich Strahlen auf dem nahen Wasserlauf.
Zufrieden lege ich den Pinsel nieder, geniesse die Wärme und die Farben des Sommers. Eigentlich sollte jetzt keiner mehr weinen.
Freundlich tropft die Zeit wie Quellwasser in ein smaragdenes Felsgestein.
Es klopft an der Tür.
In meiner Amtsstube sammelt sich ein Grüppchen weinender Menschen, das sich zunehmend vergrössert. Ach, so heiss. Viel zu viel Sonne. Der Garten vertrocknet, der Zweijährige hat sich auf dem Balkon die Füsse verbrannt, der Hund schwitzt, der Opa fällt um, die Strasse bekommt Risse, Frau Müller hat einen Ausschlag im Rahmen ihrer Sonnenallergie, der Liegestuhl blasst ab, die Klimaanlage ist ausgefallen, der Blutdruck steigt…
Ich eile zu meiner Staffelei. Konstruiere Wölkchen, die sich verdichten, ein Gewitter wölbt sich blauschwarz, es regnet.
Das Telefon klingelt.
Der Kollege meldet sich. Länger schon konnte er nicht zum Hörer greifen, dort, vom Bett aus. Zu schwach, zu traurig. Depressionen, ja. Er sei der Aufgabe des effizienten Wettermalens nicht gewachsen gewesen. Im Zentrum für Seelentrost lässt er sich jetzt wieder aufbauen. Nie ein Dank, nie ein freundliches Wort, noch immer zittert seine Stimme. Der Kollege, ein begabter Künstler, feinsinnig und einfühlsam, wird sich auch in Zukunft nie mehr mit der Wetterplanung befassen. Aber einen Gruss wollte er seiner neuen Kollegin doch noch senden…
Nachdenklich lege ich auf.
Schaue aus dem Fenster. Stürmisch fegt der Gewitterregen über das durstige Land, beugt die Wipfel der nahen Ulmen, am Horizont die Leuchtzacken der Blitze.
Es klopf an der Tür…
SWB 7/2015 (Bild: Mittagshitze. Gertrud Buder und SWB, Malen im Garten III)