sabinewaldmannbrun

Farbe. Linie. Sehen.


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Unkonventionelle Methoden?

Gabriel, 52 Jahre alt, stellt sich mit Rückenschmerzen vor. Er habe gestern solche Schmerzen gehabt, er habe einen Freund gebeten, sich mit den Füßen auf die betreffende Seite am Rücken zu stellen. Es könne ja nur etwas verschoben sein, und damit gebe es doch eine Chance, dass sich etwas wieder gerade rückt? Aber jetzt schmerze es noch mehr… Was er denn arbeite? Gabriel schleppt Pakete mit Steinen auf den Bau. Nein, es gibt kein Fahrzeug, man müsse die Teile auf den Rücken laden…

Mary, 32 Jahre alt, hat ebenfalls Rückenschmerzen, aber auch die Arme fühlen sich schwach und weh an. Was sie denn arbeite? Sie müsse Wasserflaschen transportieren. Gebinde a 24 Stück, davon jeweils 4 Stück, müssen auf dem Rücken zum Verkaufsbüdchen gebracht werden. Jeden Tag seit 2 Jahren.

Wendy, 49 Jahre alt, arbeitet in einer Fabrik. Auch sie hat Rückenschmerzen. Ich bitte sie, zu beschreiben, was sie täglich tut.  Sie erzählt, dass etliche Personen eine Reihe bilden und Säcke mit Baumaterial vom einen zum anderen gereicht würden. Ja, die Säcke seien schwer.

Zwischen zwei Patienten gehe ich hinüber in die Pharmacy, wo die leitende Schwester und ihre Stellvertreterin gerade am beratschlagen sind. Was empfehlt ihr mir, frage ich, wenn die Patienten, die froh sind um jeden noch so unmöglichen Job, Hauptsache, man kann damit wenigstens ein bisschen Geld verdienen, davon Schmerzen bekommen und ihre Gesundheit ruinieren? Was soll ich ihnen sagen? Was hilft ihnen?

Sie sollen sich ausruhen, sagen die beiden klugen, lange berufserfahrenen Kenianerinnen.  Und ihre Arbeit? Ist das nicht riskant, dass man einfach ausgewechselt wird, hier, wo es so viele junge Leute gibt, die Arbeit suchen? Du darfst dir das nicht so zu Herzen nehmen, meinen die Ladies, schick sie ohne Schmerztabletten zum Ausruhen nachhause, sonst haben sie bald Magengeschwüre.

William kommt hinkend in unser Sprechzimmer. Ein Ast dient ihm als Stütze. Der Unterschenkel schmerzt. Vor 3 Wochen war er gestürzt und hatte in einem Privat-Hospital eine Salbe erhalten. Nein, kein Röntgenbild. Dafür hatte das Geld nicht gereicht. Ich schicke ihn zum Röntgen: der grosse Unterschenkelknochen ist gebrochen. Hoffentlich heilt alles doch noch, wenn auch arg verspätet, gut in unserem Gips…

Die Daily Nation berichtet wieder mit vielen Fotos und Interviews über die Kinder, die das letzte Schuljahr mit den besten Punktzahlen abgeschlossen haben. Wieder sind viele Mädchen dabei, die auch grosse Pläne haben!

(Mehr über unsere Projekte unter http://www.german-doctors.de)


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Backpain

Am Dienstag trifft es mich wieder: ich darf eine Fortbildung fuer die Uebersetzerinnen halten. Nachdem ich im letzten Jahr den virtuellen Dr. Hans mehrfach vom Stuhl habe fallen lassen, um das Vorgehen bei Wiederbelebung zu wiederholen, muss ich mir in diesem Jahr mal was Neues ausdenken.

Nachdem die Damen ihren Mittagstee getrunken haben, versammeln wir uns im kleinen Raum der Sozialarbeiter, die solange anderswo unterkommen muessen.

„Wer hat noch nie Rueckenschmerzen gehabt?“ frage ich in die Runde. Die Damen wiegen wissend die Koepfe. Keine meldet sich. Das Thema scheint auch hier eine gewisse Aktualitaet zu haben. Wir fangen an zu sammeln, was Rueckenschmerzen verursachen kann. Da die Uebersetzerinnen tagaus tagein die Klagen unserer Patienten uebersetzen muessen, denen der Ruecken schmerzt, gibt es reichlich realistische Vorschlaege. Nicht nur die auch bei uns ueblichen Ursachen wie sitzendes Arbeiten, schweres Heben, aufsteigende Harnwegsinfekte und dergleichen mehr werden genannt, auch, was bei uns so gar nicht vorkommt, wie Knochentuberkulose oder Kaposi-Sarkom bei Aids, und schliesslich auch Herpes Zoster, die Guertelrose, ganz wichtig: nicht uebersehen, was die Haut praesentiert…

Und dann geht es zu den Heilmitteln. Painkillers, na klar. Und dann natuerlich das Rezept zum Herstellen einer Waermesalbe aus Chilipowder mit Vaseline. Aber Vorsicht, bloss nicht in die Augen fassen damit! Und dann gibt es noch eine Uebung, wie man die antagonistischen Muskeln beueben kann, denn wir alle arbeiten ja fast ausschliesslich nach vorne zur Mitte hin, waehrend die Streckung nach Rueckwaerts und das Oeffnen des Oberkoerpers eher vernachlaessigt wird.

Und das wird praktisch geuebt, gleich hier vor Ort am Tuerrahmen. JaneRose, rank und schlank, absolviert die Uebung wie eine Eins. Das sei aber wirklich nicht schwierig, sagt sie, nein, ganz einfach! Jetzt duerfen auch die anderen: und es zeigt sich, je mehr Koerperfuelle, desto schwieriger gestaltet sich das Ganze, und die kleinste Rundeste schnauft heftig und wird von den anderen erinnert, das Atmen nicht zu vergessen. Gibt es noch andere Moeglichkeiten, sich die Rueckenschmerzen vom Leibe zu halten?

Natuerlich: Tanzen! Und da ist die kleinste Rundeste wieder ganz vorne dran. Die Ladies beginnen zu singen und zu swingen, wir machen zum Abschluss einen Rundtanz mit Klatschen und Beugen und Drehen und Ausschuetteln und sind hinterher wach und gut durchbewegt. So muss das sein: auch die Referentin hat eine Menge gelernt!

 

Mehr zum Projekt unter http://www.german-doctors.de

Danke an die Kollegin fuer das Foto!