sabinewaldmannbrun

Farbe. Linie. Sehen.


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Ebola IV

Die aktuelle Presse zeigt sich z.Zt. wortkarg bzgl. der Seuche. Dennoch auftauchende Fotographien sind dominiert von der Figur des im weissen oder gelben Schutzanzug verborgenen Helfers, der hier und dort als Held bezeichnet wird. Eilmeldungen vereinzelter Infektionen in der übrigen Welt sind von ausführlicher Berichterstattung begleitet. Der Fokus liegt auf den Folgen für die reichen Länder.

Ich vermisse die Gesichter und Stimmen der Betroffenen: der Kranken, ihrer Angehörigen und derer,  die keine andere Wahl haben, als in ihrem Heimatland unter den aktuellen Bedingungen tapfer die Stellung zu halten, in einer Zeit, da die Lebensmittelpreise dramatisch steigen, die Handelswege blockiert, die Schulen geschlossen sind und die Gesundheitsversorgung zusammengebrochen ist. Ganz zu schweigen von dem Verbot, einander zu berühren und die Kranken und Sterbenden so, wie es immer Brauch war, zu versorgen und zu bestatten.  Noch immer liegt  die Übertragungsrate der Krankheit über 1 und es ist lediglich ein Viertel der Betten vorhanden, die gebraucht werden, um die Kranken zu versorgen. Menschen sterben an zuvor behandelbaren Krankheiten wie Malaria und Geburtskomplikationen, weil Gesundheitszenten geschlossen sind.

Der Kontakt zu den einheimischen Mitarbeitern im German Doctors‘ Projekt in Sierra Leone ist nach wie vor intensiv. Das örtliche Team hält die Gesundheitsversorgung, so gut es geht, in Serabu aufrecht. Patienten werden Kosten erlassen, Nahrungsmittel verteilt. Pläne werden erstellt, die benachbarten Gesundheitsstationen, zum grössten Teil geschlossen, wieder fit zu machen und mit Material und Wissen zu versorgen. Leitlinien werden für die veränderte Situation erarbeitet. Mit hohem Respekt sehen wir, wie das einheimische Team die Arbeit auf gutem Niveau weiterführt.  Es bleibt zu hoffen, dass der Ebolaausbruch nicht irgendwann, wenn die übrige Welt sich wieder sicher fühlt, unter „ferner liefen“ abgelegt wird, wie so viele Gesundheitsprobleme der weniger finanzkräftigen Welt zuvor.

Right now the international press is rather taciturn about Ebola. Reports are dominated by the impressive figures of health workers in white or yellow protection suits, sometimes called heroes. The rare cases of infection in countries of the „first world“ are reported immediately and followed thoroughly.  

 I miss the faces and voices of the sick, of their relatives and colleagues. Of those who don’t have a choice then to stay and struggle under the worsened circumstances like broken down health systems, dramatically increasing food prices, closed schools and blocked travel routes. Not to speak of the order not to touch each other any more or to follow the ancient rules of honoring those who have died.  

Staying in touch closely with the local staff at German Doctors‘ project in Sierra Leone we try to catch up with the changing situation and needs. Patient-fees are lowered, food supplies given. The lokal health posts, most of them closed, are going to be included in the teaching outreach and support with protection equipment. Guidelines are founded how to continue. With high respect we see the local team stay and continue the hospital work on a good level.  Let’s hope and try that the welfare of the west african people stays a major issue, even if the ‚first world‘ feels protected well again.


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Ebola III

Die Zeiten im German Doctors‘ Projekt Serabu haben sich geändert. Gesundheitsposten haben geschlossen, weil Personal geflohen ist oder sich mit der Seuche infiziert hat. Die Schulung der Mitarbeiter durch das Würzburger Institut für Tropenmedizin hat neue Standards in Hygiene, Selbstschutz und Patientenbehandlung geschaffen. Es sind aus Sicherheitsgründen bis auf die mit Management befasste Langzeitärztin keine Kurzzeitärzte mehr vor Ort, die Patientenzahlen sind zurück gegangen, weil die Menschen fürchten, sich in der Klinik mit Ebola anzustecken. In gewisser Weise ist das in den letzten drei Jahren unterstützte Projekt ungeplant und abrupt nahezu selbständig geworden – das einheimische Personal ist, ohne ärztliche Unterstützung, selbstverantwortlich für die Fortführung des Klinik- und OP-Betriebs, was gut gelingt.  Zwischenzeiten mit geringer Patientenbelegung werden von den Mitarbeitern  zur Aufklärung der Landsleute in den umliegenden Dörfern genutzt – diejenigen, die für ihre gute Arbeit im Krankenhaus bekannt sind, werden eher gehört als Fremde von ausserhalb. Trotzdem ist, wer die Gesichter, Geschichte und Anliegen der Mitarbeiter kennt, in Sorge. Es beschämt, selbst aus Sicherheitsgründen nicht vor Ort sein zu dürfen, während jene, die uns aus intensiver, gemeinsamer Arbeit vertraut und geschätzt sind, keine andere Wahl haben, sie müssen bleiben…. Times have changed in the German Doctors’s project in Serabu, Sierra Leone. Health posts in the surroundings have closed, health workers ran away or died. Teaching the staff of Serabu hospital has set new standards in hygiene, protection of the team and isolation of the sick. Following the advice of the management, there are no more short term doctors and patient numbers have decreased since people are afraid to get infected in the hospital.  In some way the project is thrown into cold water, being almost independent now. Since there is only one longterm doctor present for management, the local staff has to keep up the daily surgical, gynaecological routine, which works very well. Times with few patient-consultations are used for informing people in the villages about the disease and how to cope with it to prevent transmission: those who are already known for their good work at the hospital are respected also in their advice. In spite of these good news in the midst of disaster we are worried about our colleagues far away. Knowing their faces, their homes and families  makes ashamed for keeping distance – they have to stay, they don’t have a choice….


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CapaCare

Als die norwegische Nichtregierungsorganisation Friends of Masanga nach dem Bürgerkrieg in Sierra Leone beim Wiederaufbau des Masanga-Hospitals half, zeigte sich schnell, dass es einen gravierenden Mangel an chirurgisch ausgebildeten Ärzten im Land gab. 2008 waren es gerade einmal 10 Chirurgen in ganz Sierra Leone gegenüber einer Bevölkerung von ca. 5,7 Millionen Menschen. Es  hätte viel zu lange gedauert, auf ausgebildete Ärzte zu warten oder dem Mangel aus anderen Ländern beizukommen, deshalb wurde beschlossen, das vorhandene Gesundheitspersonal  besser auszubilden. Friends of Masanga wechselte den Namen in CapaCare – Ziel ist nun, im Rahmen eines capacity-building für eine chirurgische Ausbildung zu sorgen, so dass lebensrettende Basisoperationen sicher beherrscht werden: Kaiserschnitte, eingeklemmte Leistenbrüche, Magen- und Darmperforationen und dergleichen. Ziel ist zunächst, bis 2017 30 gut ausgebildete Fachkräfte mehr im Land zu haben. Die Ausbildung folgt den WHO-Leitlinien und schließt nach 2 Jahren mit einem Examen ab. Nachdem 2011 mit 2 Studenten gestartet wurde, waren es 2013 bereits 19. Die in Masanga unterrichtenden Fachärzte kamen bislang aus Nord- und Mitteleuropa und leisten ihren Dienst als Volunteers.

Bleibt zu hoffen, dass dieses durch und durch sinnvolle und nachhaltige Projekt aufgrund der Ebolaepidemie nicht zum Erliegen kommt (September 2014: Capacare hat in ganz Sierra Leone die Ausbildungsarbeit eingestellt).

Weitere Informationen auf  www.capacare.org

Ebola

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Ebola

Irgendwo in Afrika südlich der Sahara.
Warten vor einer Gesundheitsstation.
35° im Schatten (wie an 246 Tagen im Jahr).
3-6 Stunden Fußweg zur nächsten Klinik.
Der Bus, einmal täglich, fährt nicht fahrplanmäßig, sondern wenn er voll besetzt ist (das heißt: 3-5 Personen auf 2 Plätzen).
Die einzige Krankenschwester auf der Gesundheitsstation hat Malaria, wie die Hälfte ihrer Patienten. Deshalb geht alles noch ein bisschen langsamer als sonst.
3-4 Stunden Wartezeit muss man einplanen.
Schmerzmittel: Paracetamol, falls nicht out of stock.

Es wird berichtet, dass das erneute Aufflackern von Ebola in Westafrika, u.a. in Sierra Leone, auch darauf zurück zu führen ist, dass die Bräuche um die Bestattung von Familienmitgliedern wie das Waschen und Umarmen des Verstorbenen nicht unterlassen werden, dass aus Angst, in Quarantäne geschickt zu werden, Sterbefälle nicht gemeldet werden (wer soll in der Zeit die Feldarbeit machen, die Kinder versorgen, etc. etc.).
Ist es nicht auch verständlich, wenn die Menschen vor Ort den Vorschriften von Ausländern in weißen Schutzanzügen zunächst misstrauisch gegenüber stehen? Ausländer, die Regeln diktieren, haben sich oft genug als nicht vertrauenswürdig erwiesen.
Es würde einen Unterschied machen, wenn Landsleute diejenigen wären, die auf die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften bestehen.
Die Katze beißt sich in den Schwanz: die beste Investition ist die Förderung einer guten Ausbildung der Menschen vor Ort….


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Ein amerikanischer Krimi in Sierra Leone? Und wie behandeln eine afrikanische Heilerin und eine deutsche Chirurgin gemeinsam eine Patientin ?

Was tun mit einem rostigen Container voller amerikanischer Bücher? Die Bewohner von Serabu haben da genügend Ideen! Und wie Rose, die vom Motorradtaxi stürzte,  weder auf die Dienste der Medizinfrau noch der deutschen Ärztin verzichten wollte, ist jetzt im Blog der German Doctors zu lesen!

Reinschauen unter: blog.german-doctors.de


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Nachtaktivitäten

Nacht liegt über dem großen Garten des Serabu Hospital-Komplexes; die leuchtende Scheibe des Mondes wirft fahles Licht auf den steinigen Pfad, der durch hohes Gras vom Doctors‘ House zu den Gebäuden der Stationen und der Funktionsgebäude führt. In der Ferne jault ein Hund, die Grillen zirpen vielstimmig. Die Ärztin, die gerade einen Anruf von der Nachtschwester erhalten hat, dass ein Notfallpatient eingetroffen sei, macht sich mit der Taschenlampe auf den Weg. Es ist kurz nach Mitternacht. Im Gras blinken zahlreiche Glühwürmchen. Die Ärztin überlegt, ob sie alles dabei hat, was gebraucht werden könnte. Ein Stethoskop zählt zur Grundausrüstung, und da es kein funktionierendes Röntgengerät gibt, ist die klinische Diagnostik essentiell. Das Fachbuch mit den BehandlungsLleitlinien hier typischer Erkrankungen kann über Wissenslücken in der Therapie hinweghelfen, die Medikamentenliste bewahrt vor der Verschreibung von Präparaten, die man zwar wie zuhause gern verordnen würde, die es aber hier nicht gibt. Die Wasserflasche schließlich erweist sich als große Freude, wenn man doch notfallbedingt zum Operieren im OP landet und dort schwitzend ein paar Stunden verbracht hat, immerhin ist es auch bei Nacht mollige 31 Grad warm.

Der neu angekommenen Patient, ein junger Mann von etwa 30 Jahren, krümmt sich vor Magenschmerzen auf der bereits mit einem Batiktuch bezogenen Matratze. Er hat ähnliche Beschwerden zwar schon öfters gehabt, war aber bisher nicht damit in ärztlicher Behandlung, nun sei schwarzer Stuhlgang dazu gekommen. In der körperlichen Untersuchung und im Ultraschall finden sich keine Auffälligkeiten außer den Schmerzen im mittleren Oberbauch. Untersuchungsergebnisse und Behandlungsplan werden dem Patient möglichst verständlich erläutert. In einem Gedankenwinkel fragt sich die Ärztin, was sich wohl der Kranke und seine Angehörigen über die Geschichte mit dem Bakterium denken ( sie hat für den weiteren Verlauf aufgrund der geschilderten Beschwerden auch jene Medikamente, die gegen eine Besiedlung mit Helicobacter pylori wirken, verordnet). Die hier häufigen Vorstellungen über das Zustandekommen von Krankheiten, über das Wirken der Ahnen oder die Verhexerei durch Feinde liegen dicht unter der von Schulbildung und modernem Leben gestalteten Oberfläche.

Schließlich sind alle Fragen geklärt, die Ehefrau richtet für sich und das Baby ein Lager auf einer Strohmatte auf dem harten Boden. Die Gegenstände, die sie zur Versorgung ihres Mannes, zum Kochen und Waschen benötigt, verstaut sie unter dem Bett. Die Gestaltung des täglichen Lebens in diesem Teil der Erde ist mühsam.

Die Ärztin schaut noch einmal nach den anderen Sorgenkindern und frische Operierten auf der Station, aber ansonsten ist alles in Ordnung und Ruhe. Jetzt ist auch der Bereitschaftsdienst aus dem Labor eingetroffen, die Blutwerte sind für afrikanische Verhältnisse sehr gut. Die Nachtschwester wird sich melden, wenn sich der Zustand verschlechtert.

Später, in ihrem eigenen Bett unter dem Moskitonetz angekommen, staunt die Ärztin über ein Blinken neben dem Fenster: ein Glühwürmchen hat sich in eine Gardinenfalte verirrt. Bis auf das Zirpen der Grillen ist es nun still. Auch die Hunde haben sich schlafen gelegt.

 

(Serabu Januar 2014, weitere Berichte unter Blog.German-Doctors.de)

 

 

Auf dem Weg vom Hospitaleingang zu den KlinikgebäudenBild