sabinewaldmannbrun

Farbe. Linie. Sehen.


5 Kommentare

Tanzania – Mwanza I

Afrika, die 13. Runde! Diesmal bin ich in Tanzania, in einem kleinen dörflichen Krankenhaus unterwegs. Ergeben hat sich dieser Einsatz durch die Vermittlung einer Freundin, mit der ich in Nairobi schon über German Doctors zusammen gearbeitet hatte. Der deutsche Gründer der Klinik in Mwanza hatte um Unterstützung in der Ausbildung seiner allesamt sehr jungen, einheimischen Ärzte angefragt.

Eigentlich sollte ich ja, hatte man sich gedacht, mit dem chirurgischen Assistenzarzt unterwegs sein, aber da momentan kaum operiert wird, und der junge Mann auch noch allerlei anderes im Kopf hat, habe ich den ehe locker formulierten „Arbeitsauftrag“ ein bisschen modifiziert. Bevor ich stundenlang im Chirurgenzimmer auf einen Patient (die auch anderswo auftauchen als dort, da nicht vorsortiert) oder auf meinen Azubi warte und dabei Schimmel ansetze, ist folgende Lösung deutlich ergiebiger: ich versuche, in der Ambulanz jeweils eine Tages-Runde mit einem auch der anderen jungen Ärzte unterwegs zu sein. Nachdem ich meinen ersten Tag vor Ort damit verbracht habe, beim Warten auf den chirurgischen Kollegen einfach mal zu schauen, wer noch da ist und was macht, viele freundliche Menschen kennengelernt habe, jetzt weiss, wer wieviele Kinder hat, wer vorher einen anderen Beruf hatte und was für schöne Namen man hier seinen Kindern gibt (Fortunatus, Loveness, Deogratias, Vestina, Happyness, Secunda…), sind mit der neuen Variante sowohl meine Studenten als auch ich ziemlich zufrieden. 

Ich habe mich einfach mit in eines der Sprechzimmer gesetzt (sozusagen the humble helping hand in the background) und überaus positiv überrascht erlebt, dass die  Docs mir ungefragt das Gespräch mit den Patienten übersetzen und von sich aus den jeweiligen Fall samt Diagnostik und Therapie diskutieren möchten. Das ist natürlich eine klasse Chance, so können wir zwischendurch auch Untersuchungstechniken üben, die noch ziemlich marginal vorhanden sind, hier und da einen Ultraschall mit dem portablen Gerät machen und auch mal ein paar Antibiotikaverordnungen und Röntgenbilder vermeiden, die nicht unbedingt nötig sind. Denn ein Knie oder ein Rücken erzählen ja schon in der gezielten klinischen Untersuchung ganz viel, was sich gut den einzelnen Strukturen zuordnen läßt. Meine jungen Kollegen sind geduldig mit den Patienten, grundsätzlich fehlt noch ein bisschen der klinische Blick, man hat noch so viel Theorie vom Studium im Kopf.

Die Ambulanzpatienten sind denen in Mathare Valley in Nairobi recht ähnlich in ihren Anliegen, aber nicht  ganz so zahlreich, was den Vorteil hat, dass man mehr Zeit in die Einzelnen und das Training der Docs investieren kann. Auch sind sie deutlich selbstbewußter, beschweren sich immer wieder, lange warten zu müssen, und es kann durchaus vorkommen, dass ein Patient beschließt, jetzt einfach schonmal rein zu kommen und sich dazu zu setzen, damit klar ist, wer als nächstes drankommt, so hat man zuweilen unversehens drei verschiedene Patienten im Zimmer. Da braucht es klare, höfliche Worte, um dem einzelnen den Raum zuzuweisen, der ihm zusteht.

Spontan habe ich zwei Fortbildungen über die klinische Untersuchung bei Knieproblemen und unspezifischem Rückenschmerz angesetzt, ich dachte mir, das wäre eine klasse Möglichkeit, einiges an Röntgenstrahlen zu sparen. Wir haben schonmal angefangen, eine Choreographie dazu einzuüben, einer ist der Doc und einer der Patient, was viel Spass gemacht hat, ich bin gespannt, wie das klappen wird. Die Jungs meinten ja, wenn die offiziellen Donnerstagsfortbildungen nicht ausreichen, könnte ich ja noch ein paar Extratermine ansetzen. So gibt es jetzt pro Woche zwei Termine mit Teaching, teils interaktiv, teils mit hands on. 

Und sonst? Ganz anders als in den vielen Einsätzen in Nairobi fühlt sich dies hier wieder deutlich mehr nach Afrika an – in den Nächten kann man den Fröschen, Grillen und Nachttieren zuhören, statt eine sechsspurige Straße im Ohr zu haben und wenn man  draußen ein Plätzchen zum Sitzen sucht,  gibt es garantiert Menschen, mit denen man unkompliziert plaudern kann…   

Und: ich bin voller Bewunderung für eine Ameise, die vom Garten aus erspüren kann, dass oben im zweiten Stock ein Tröpfchen Mangosaft auf ein Handtuch geraten ist – in nullkommaganzwenig Zeit ist das betroffene Handtuchareal mit einer Schar Ameisen besetzt!