sabinewaldmannbrun

Farbe. Linie. Sehen.


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Zanzibar

Bei Sonnenaufgang aufstehen. Das Meer wie flüssiges Silber. Zeit.

Zeit zum Zusehen, wie sich die Farben wandeln im langsamen Fließen des Tages.

Steigt die Sonne höher, zieht das Meer sich zurück, hinterläßt lichtfunkelnde Tümpel und die Einheimischen waten zu ihren Algenplantagen. Auch die Kinder sind unterwegs und schauen, was das Meer über Nacht gebracht hat. Holz? Kleine Fische? Samen zum Einpflanzen? 

Der Mittag präsentiert den Sand in gleißendem Weiß, und in leuchtendes Türkis gekleidet kehrt das Meer zurück.

Da man von Mwanza aus nicht nach Deutschland fliegen kann, hatte ich beschlossen, von Zanzibar aus direkt nachhause zu reisen und damit die letzten drei Tage meiner Zeit in Tanzania noch in Ruhe ausklingen zu lassen. Wie immer an Orten, wo Reisende anzutreffen sind, wird man  auch hier immer wieder gefragt, ob man nicht noch hierhin und dorthin und dahin möchte, da gebe es doch auch noch Schönes zu sehen, aber ich bin froh, gerade jetzt an dieser Stelle für drei Tage einfach am Meer zu sitzen und ab und an zu laufen und einfach zu sehen, wie sich die Farben wandeln und wie die Einheimischen ihren Tag gestalten: an einer Dhow die Segel setzen, aus Treibgut ein Schiffchen basteln, mit dem Rad von hier nach dort auf der Sandlinie fahren und auf vielerlei Weise versuchen, ein bisschen mehr vom Nötigsten für ihr Leben und das ihrer Kinder zu sammeln…


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Weekendi – Mwanza II

Völlig unbeschrieben und hell wie der Morgen streckt sich der Sonntag, ein weites Land.  Die Sonne scheint, samtblau wölbt sich der Himmel, die Ibisse singen ihr ein wenig vorwurfsvoll klingendes Lied in den Bäumen, und vor meinem Fenster spielen die Meerkatzen auf dem Dachfirst Fangen. Oder lausen einander mit ihren langen schwarzen Fingern, was überaus elegant aussieht.

Heute verzichte ich auf die Frühvisite. Da es jeden Morgen ein Morgengebet für alle auf Kisuahili gibt (das ich bis auf das Baba yetu, das Vaterunser, nicht verstehe, aber täglich besuche), verzichte ich heute auch auf den Gang zur Kirche, auch dort würde ich nur erahnen können, worum es jeweils geht. 

Wenn man am Sonntag nicht allein sein mag, ist die Dorfkneipe von Rose, wo das Personal üblicherweise etwas zu essen bekommen kann, ein guter Platz. Dahin gehe ich mit meinen Buntstiften und dem Zeichenheft. Unter dem etwas löchrigen Grasdach sitzen schon Moses, 19 Jahre, Watchman, und Esther, eine der Mitarbeiterinnen der Kneipe. 

Da passe ich auch noch hin. Hodihodi! Man klopft trotzdem vorher erstmal verbal an. Karibu! Ich darf mich dazu setzen. Man wirft ein paar Begrüßungsformeln hin und her. Wie ist der Morgen? Was macht die Arbeit? Die Familie? Wie gehts? Alles frisch? Salama! 

Rose gesellt sich zu uns.  Heute gibt es nur Frühstück für Leute, die Kisuahili sprechen, sagt sie zu mir. Na denn! Ein Ritual, ich kenne das schon. Was ich kann, ist hauptsächlich auf den Klinikkontext bezogen. Streck die Zunge raus! Tief einatmen! Entspannen! Zieh die Schuhe aus. Hast Du Schmerzen? Kopfweh! Durchfall! Fieber! Nun reicht es, Rose lacht. Frühstück! 

Eigentlich ist ja schon Zeit zum Mittagessen, aber Hauptsache, es gibt etwas (was nicht immer der Fall ist). Aber um diese Zeit sind die Holzkohlen schon angeheizt. 

Während ich auf’s Essen warte, wünscht Esther eine kleine Konsultation. Ihre Mama hat immer Kopfweh. Moses muß übersetzen. Das dauert ein Weilchen und das Problem läßt sich nicht wirklich verstehbar benennen. Schließlich wird die Patientin angerufen. Aus dem Handy schallt laute Musik. Ob’s daran liegt? Zuviel Lärm? Die Angerufene versichert, dass es ihr heute gut gehe. Wunderbar, so löst sich manches Problem von selbst. Aber Esther fühlt sich krank, legt den Kopf auf den Tisch und schläft ein bisschen. Die Medikamente, in der Klinik geholt, hat sie schon genommen.

Dann ist das Frühstück da. Festlich: ein Omelett mit Zwiebeln, ein paar gebratene Kochbananen, ein Stückchen Mango. Und danach hole ich mein Zeichenheftchen heraus. 

Moses schaut mir zu. Wo siehst Du das? fragt er mich, als ich einen großen Vogel auf einem blauen Dach gemalt habe. Muß man sehen, was man malt, frage ich? Magst Du auch mal die Stifte ausprobieren? Moses nickt. Unbedingt!

Er malt einen Pilzbaum, in verschiedenen Blautönen, ein bisschen gelb, weiß, grau, fein, hingebungsvoll, konzentriert. Jetzt schaue ich ihm zu. Zeit ist ein Riese, und an diesem Mittag ein schweigender, der das Gesicht lächelnd in den Himmel hält. 

Wenn du magst, sagt er mir, zeige ich Dir die Pilzbäume! Gerne würde ich sehen, wie man hier auf Baumstämmen Pilze kultiviert. Unbedingt! Wir machen eine Zeit am Nachmittag aus, wann wir uns treffen. 

Zum vereinbarten Zeitpunkt ist Moses nicht da. Ich warte eine Viertelstunde, eine halbe Stunde, dann gehe ich ein wenig durchs Dorf. Ich hatte das schon eingeplant. Wer hier sagt, er käme, muß deshalb nicht unbedingt auch kommen. So ist das eben. Zeit ist ein Riese, der zuweilen auch unsichtbar hinter dem Horizont spazieren geht.

Die Sandpiste, die durchs Dorf führt, ist staubig, aus den Nachmittagsgottesdiensten in den kleinen Freikirchen auf dem Weg weht Gesang. Es ist ruhig heute, die kleinen Baracken, wo Frauen sonst Obst verkaufen, sind geschlossen, auch beim Barbershop ist nichts los. Hier und da spielen Kinder. Muzungu! Muzungu! Wenn eine weiße Frau vorübergeht, ist das stets Anlass für laute Rufe und Lachen: und plötzlich hat für die Kinder der dörfliche Sonntag ganz ungewohnt bunte Punkte! 

Du wurdest vermisst, sage ich am Dienstag zu Moses. Ja, er nickt und lächelt verständnisvoll. Er war an einem anderen Ort. Ob ich denn heute Zeit hätte? In der Woche hat die Arbeit Priorität, sage ich. Ja, das stimmt. Auch Moses muß seinen Pflichten nachkommen. Wir lächeln. Niemand würde hier je einen Vorwurf formulieren. Zeit ist ein Riese. Und ob er im Westen das Gesicht in den Wind oder im Süden ein Schläfchen hält, ist das wesentlich?


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Schein und Sein – Unterwegs im ärztlichen Notdienst

Nach 10 Stunden Fahrt und Besuch zahlreicher Patienten liegt jetzt eine Anforderung der Leitstelle vor für ein Flüchtlingswohnheim. Schon hin und wieder waren wir dort im Einsatz – es ist sicherlich das am meisten heruntergekommene im ganzen Landkreis. Ein altes, verwahrlostes Gebäude, in dem überall die Farbe blättert, die Heizung im Winter ausfällt, wo keinerlei Anzeichen für eine bewußte Gestaltung oder auch nur das Aufrechterhalten eines ansehnlichen Neutralzustandes zu erkennen wären. Nur Männer leben hier, und viele von ihnen sind scheinbar die abgehängten, die erfolglosen, die nicht integrierten, die die Sprache nicht gelernt haben, die seit Jahren hier herumhängen und es geht keinen Schritt voran. Die weit hinter den Sympathiebonus, der zur Zeit den Ukrainern gewährt wird, zurückgefallen sind. Die Vergessenen in gewisser Weise. Wir sind müde und verschwitzt. Bei meinem Fahrer, eigentlich ein freundlicher und ruhiger Mann, steigt der Sarkasmusspiegel. Was die wieder wollen, brummt er. Schon oft war auch er dort, bei all den jungen, zumeist grundsätzlich gesunden Männern, die ja weder über ein Auto verfügen noch über die nötigen Kontakte, die einem nachts ein Medikament bringen könnten und deshalb hin und wieder auch bei Erkältungen oder Blähungen anrufen und einen Besuch erbitten. Auch mal nachts um 2 Uhr.

Die Leitstelle versorgt uns normalerweise mit einer sparsamen Formulierung des Problems, das es zu lösen gilt. In diesem Fall lautet die Information „Unfall vor 3 Jahren, Problem Arm“. Ungeduldige Helfer, auch verschwitze, müde, fragen sich bei dieser Formulierung zuweilen, warum ein Unfall vor 3 Jahren jetzt am Wochenende zu Unzeiten behandelt werden soll. Die Geduldigeren wissen, auch dahinter können sich unerhörte Untiefen verbergen.

Unser Patient, um die 30 Jahre alt, liegt in seinem kleinen, unpersönlichen Zimmerchen auf der abgeschabten Sitzgelegenheit. Er stammt aus einem weit entfernten Land und spricht eine Sprache, von der ich noch nie gehört habe. Er ist schon seit ein paar Jahren da, kann aber kein Deutsch oder Englisch. Immer noch nicht, könnte man jetzt einwerfen. Aber wer weiß, warum? Zwei andere junge Männer sind bei ihm, einer ist extra angereist, um zu übersetzen. Er spricht soweit Deutsch, dass man mit einfachen Fragen eine karge Anamnese hinbekommt. Vieles bleibt unbeantwortet. Unser Patient wirkt auf den ersten Blick, als könne er seine rechte Körperseite nicht bewegen. Ein Schlaganfall? Mit 30 Jahren? Kann er sich wirklich nicht bewegen? Simuliert er gar? Alles schon dagewesen. Die Untersuchungen zeigen Normalwerte, auf Schmerzreiz ist Bewegung zu sehen, mein Fahrer wird zunehmend ungeduldiger, schimpft über mangelnde Kooperation beim Blutdruckmessen. Endlich wird eine speckige alte Tasche geholt, aus der sich ein zusammengewürfelter Stapel Papiere entfaltet – Anwaltsschreiben, Rechnungen, und endlich – das hatte ich gesucht – ein Arztbrief von dem Unfall vor 3 Jahren, der, wie ich jetzt sehe, mit multiplen, schweren Verletzungen und monatelangem Klinikaufenthalt einherging. Sind die Bewegungseinschränkungen darauf zurück zu führen? In gebrochenem Deutsch wird mir gesagt, die Beschwerden kämen immer wieder einmal, dazwischen habe er laufen können. Ob sie ein Schmerzmittel haben könnten? Der Patient spricht, aber aus der marginalen Übersetzung erschließt sich nicht, was ich wissen möchte. Ich beschließe, den Patient in die Klinik einzuweisen. Wir bestellen einen Krankentransport in die Neurologie. Die Leitstelle kündigt stundenlange Wartezeiten an. Wir packen unsere Koffer und gehen.

Im Gehen bin ich hin- und hergerissen. Habe ich mich von dem Setting in dieser trostlosen Umgebung beeinflussen lassen? Von Vorurteilen? Von der Ungeduld der anderen? Will ich den Patient etwa so sparsam behandeln, wie er sowieso schon lebt, nicht aber so, wie ein deutscher Patient es zumeist vehement fordern würde? Habe ich die Situation richtig eingeschätzt? Ich rufe die Leitstelle an und fordere statt des langsamen Krankentransportes einen schnellen Rettungswagen mit Signal an.

Als ich bei der nächsten Patientin, die mit Corona im Bett liegt, verkleidet und mit Handschuhen zugange bin, höre ich von draußen mit halbem Ohr, dass die Rettungswagen-Besatzung anruft. Was sie da sollten? Das wäre doch nichts für den RTW. Sie seien „angepisst“. Alter Unfall. Und das jetzt? Heute? Ich höre, dass mein Fahrer nun doch tapfer meinen Entschluss verteidigt.

Ein paar Stunden, nachdem der Dienst geschafft ist, rufe ich in der Klinik an. Es dauert eine Weile, bis man den Patient gefunden hat, das Geburtsdatum 1.1. teilt er mit so vielen anderen, die von weit her gekommen sind – die Notaufnahme verweist auf die Stroke Unit, diese auf die Intensivstation. Dort reicht mich die Pflege an den diensthabenden Kollegen weiter. Ja, tatsächlich, unser Patient hat einen ausgewachsenen Schlaganfall, im CT unschwer zu erkennen, völlig untypisch für dieses Alter. Hätte leicht übersehen werden können, sagt der ärztliche Kollege, immerhin, bei all den schweren Vorverletzungen… Die Station freut sich über die Telefonnummer des anderen jungen Mannes, der extra zum Übersetzen angereist war. Auch hier spricht, ja kennt keiner die Muttersprache unseres Patienten…

(Die Moral von der Geschicht, obwohl sie sich vermutlich jedem sofort erschließt: VORSICHT bei vorschnellen Zuordnungen, ohne genau hingeschaut zu haben!!!!!! (gilt nicht nur in der Medizin). Und um den Spruch zu zitieren, der im ärztlichen Bereitschaftszimmer hängt: Nothing was ever achieved without passion…)


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Freude am Samstagmorgen

Das neue Leporello ist da! Auch wenn sich allerlei in Schräglage befindet, gibt es noch viel Gutes…

In diesem Sinn: „Tut mir gut“ – ein Leporello mit Texten von Hugo Ganslmayer und meinen Bildern (mal was anderes: je ein langer Bild-Streifen auf der Vorder- und Rückseite)

98×13 cm, 4,95 Euro, Präsenz-Verlag 2022, ISBN 9783945-879597


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Pause im Grünen – Little Break

Nicht, dass ich gerade Urlaub hätte, aber eine kleine Pause kann man immer mal wieder einschieben…

Not that I were on vacation – but a little break is always possible…


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10 vor 3 im Dressingroom

Die Uhr im Verbandsraum zeigt 10 vor 3. Ein jüngerer Mann schiebt eine vermummte Gestalt im Rollstuhl herein. Ein Tuch um den Kopf gewickelt, lehnt die Kranke etwas schief in dem Gefährt. Schmerzen in der rechten Seite, berichtet der Ehemann der 27jährigen, sie könne sich kaum noch bewegen. Seit vier Tagen werde es schlimmer. Die Patientin reagiert nicht auf Ansprache, nur ein Kneifen am Brustbein führt noch zu ungezielten Bewegungen.

Wir legen die Kranke auf eine der Liegen. Die Vorgeschichte ist schnörkelreich. Gerade wurde sie aus einem Krankenhaus entlassen, wo man sie auf „Typhoid“, eher eine Verlegenheitsdiagnose, behandelt hatte. Ohne Erfolg. HIVpositiv sei sie auch. In der Untersuchung zeigt sich eine rechtsseitige Lähmung von Arm und Bein, der Blick ist konstant nach links gerichtet. Ich bitte den CO der HIVAbteilung hinzu. Er vermutet eine Enzephalitis, Kryptokokken oder einen Abszeß.

Wir sind uns einig, dass die Patientin bei uns nicht gut aufgehoben ist. Wir bitten die Headnurse zum klärenden Gespräch mit dem Ehemann. Schickt sie in einem Taxi, sonst wird sie nicht aufgenommen, ist die Empfehlung. Eine nicht ansprechbare 27jährige mit Halbseitenlähmung im Taxi schicken? Aber immer noch dauert der Klinikstreik an. Eine völlig überlaufene Klinik gibt es noch, wo wir sie hinschicken könnten, aber mit dem Krankenwagen hat sie keine Chance. Wir rufen an, schlägt die Headnurse vor. Chronischer Zustand, lautet die Antwort, nehmen wir nicht.

Eine Lähmung seit zwei Tagen ist kein chronischer Zustand, sage ich. Schickt sie einfach so hin, empfiehlt die Headnurse, lange erfahren in dem ganzen Kummer mit Streik und Abweisungen – wenn sie selbst kommt, ohne jede Spur einer Vorbehandlung, müssen sie sie nehmen. Na denn. Ich bin versucht, nichts mit dieser Entscheidung zu tun haben zu wollen.

Patrick, 62 Jahre, war letzte Woche schon einmal da. Mit einer zu großen Prostata, die schon lange drückt und einem Harnwegsinfekt. Da saß er drei Stunden lang im überfüllten Wartebereich zwischen hustenden Anderen. Heute hustet er selbst. Hat Fieber. Atemnot. Die Sättigung ist bei 89% angekommen. Ich kenne das Bild von zuhause: älterer Herr, entsprechende Symptomatik. Zuhause hätte man einen Test. Aber auch so geht es ihm so schlecht, dass wir ihn einweisen müssen. Und wieder dieselbe Problematik: wenn sein Bruder ihn nicht zum Taxi stützt und dann, völlig ohne Vorbehandlung, ins Krankenhaus, wird er nicht aufgenommen.

In mir sträubt sich alles. Meldet wenigstens an, dass ihr einen jungen Taxifahrer braucht, wenn der sich ansteckt, bringt es ihn nicht so schnell um, sage ich. Lautes Gelächter der Dressingroommannschaft. Ein Lachen aus Verzweiflung über die Umstände. Den nächsten Patient kann ich nicht schallen, weil im Sonoraum eine tote Siebenjährige liegt. Die bekümmerten Eltern warten vor der Tür auf die Abholung.

Nebenbei – ich versuche gerade, die vielen Platzwunden am Schädel eines Motorradunfalls zu nähen, während der Patient fast von der wackeligen Op-Liege fällt – höre ich, draußen liege noch ein Notfall. Eine Stichverletzung. Wo der Stich denn sei, frage ich beim Nähen. Im Brustkorb, sagt mir eine der Schwestern entspannt. Der Patient war bei Nacht schonmal bei einem Healthpost, da wurde die Wunde zugenäht. Ich bitte, einen der Kollegen zu dem Patient zu schicken und bitte dringend um Eile. Und tatsächlich – endlich habe ich den Genähten abfahrbereit, denn auch er dämmert langsam ein – hat der junge Mann mit der Stichverletzung einen Puls von 115, eine Sauerstoffsättigung von 88% und ganz offensichtlich eine Verletzung der linken Lunge. Diese beiden bekommen wir dann tatsächlich noch mit der Ambulanz unter, offenbar ist da deutlicher, dass es sich nicht um chronische Zustände handelt…Gerade rechtzeitig, als die Blutspuren von der Nähaktion weggeputzt sind, taucht eine Abordnung der Regierung auf und möchte eine Kontrollbegehung machen: drei geschniegelte, gebügelte Ladies in feschen Kostümen auf geschäftig klappernden Absätzen. Vielerlei wurde bemängelt, heißt es hinterher, aber vor allem, dass die Patienten, auch die mit Husten und Fieber, im Wartebereich eng beieinander sitzen wie die Ölsardinen. Aber wen soll man wegschicken?

Die Uhr im Dressingroom zeigt immer noch 10 vor 3. Wie gestern und vor vier Wochen auch schon. Und vor drei Monaten, berichtet meine Übersetzerin. Irgendwie hat sich noch keiner zuständig gefühlt, sie mit einer neuen Batterie zu bestücken. Was nicht so kompliziert wäre wie die Unterbringung von schwer kranken Patienten. Aber in Wirklichkeit ist es ja erst 11.15 Uhr. Die Zeit verläuft scheinbar nicht immer geradlinig…


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Zeit/Time – Recycling…

Ein Stück festes Papier, ein Reststreifen vom Rand eines Aquarells, ein Fitzelchen von ausrangiertem Geschenkpapier, ein Wort, das für Kostbares steht und die Übersetzung, zum Merken…Daraus wird: eine Grusskarte!

A piece of good paper, folded, a leftover from the edge of a watercolorsketch, a tiny cut from wrapping paper, a word, standing for something precious, and the translation, to keep in mind…And this will be a card to be sent!


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Auszeit am Meer

Ich höre:

warst du schon du musst unbedingt noch warum hast du nicht das muss man gesehen haben hast du auch dies das jenes und dann noch solches gesehen dieses museum und jenen berg und diese safari und den strand gegenüber und den jazzclub nimm doch ein boot und die city hierdadort

Ich bleibe an einem Ort, gehe täglich denselben taglangen Weg am selben Meer entlang und denke: nicht eine Minute später ist es noch der gleiche Ort, die Dynamik im Kleinen und Grossen ist überwältigend…

Ich sehe:

Das Farbenspiel des Sonnenlichts bis zum Abend

die Feinstrukturen im Sand

die Wellenlinienveränderungen

die Türkiswasserbrechungen mit Blau

das Sandgeriesel in verschiedenen Windinteraktionen

Eselaugen-Blicke

drei schwarze Akrobaten beim Radschlagen am Strand

Mütter im Tschador beim Schwimmen

Grünstrunkvarianten

Schattenformationen

das unverschämt fröhliche Rot eines Bootes

lachende, entspannte Einheimische beim Baden

Pflanzensterne

das Erblauen der Freitagsmoschee in der Abenddämmerung

und

das

Fliessen

der

Zeit

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