Nachdem die Inthronisation des neuen und zugleich alten Praesidenten, ein wenig buckelig zwar, aber doch glimpflich ueberstanden ist (zu diesem Ereignis wurde ein Nationalfeiertag ausgerufen, und wieder musste die Ambulanz geschlossen bleiben) und die Nachwirkungen des Traenengases bei denen, die – zum Teil auch unfreiwillig – in die Naehe der oppositionellen Gegenveranstaltung kamen, ueberstanden sind, kann die Arbeit im Baraka Health Center weiter gehen. Zwar ist zu merken, dass immer noch einige es vorgezogen haben, sich anderswo als im Slum in Sicherheit zu bringen, aber gerade auch in der Chirurgie ist wieder gut zu tun.
Ben hat bei der Arbeit versehentlich das Holz zusammen mit dem Zeigefinger in die Kreissaege geschoben. Ein freundlicher Kumpel stand hilfreich zur Seite und hat das Ganze mit Watte verbunden und in einige Schichten duennen Mulls gewickelt. Am naechsten Tag, als Ben den Weg in die Ambulanz gefunden hat, ist das Verbandsmaterial so mit der Wunde verklebt, dass erstmal eine oertliche Betaeubung noetig ist, um ueberhaupt die Wunde anschauen zu koennen. Es braucht eine Weile, ein Fingerbad mit Betaisodonaloesung und eine feine Pinzette, bis die Reste der Fingerkuppe freigelegt sind, dann aber laesst sich sagen, dass das Ganze doch heilen wird, es ist noch genuegend vorhanden, aus dem Bens Koerper, der jung und gesund ist, eine neue Fingerkuppe rekonstuieren kann. Der neue Verband klebt dank einer Spende eine Firma in Deutschland nun auch nicht mehr an der Wunde fest.
Die 7-jaehrige Rose stellt sich nach Sturz vor einer Woche mit verformtem Handgelenk vor, ja, nickt sie, es schmerzt sehr. Im Roentgenbild ist zu sehen, dass der Wachstumsbereich des Knochens abgerissen und stark verschoben ist – ein Bruch, den wir in der Ambulanz nicht adaequat versorgen koennen, sondern weiter schicken muessen, wenn es wirklich gut werden soll. Meine Uebersetzerin spricht mit der begleitenden Auntie, die nur maessiges Interesse an der Sache zu haben scheint. Die Mutter ist heute nicht abkoemmlich, ein Vater erst recht nicht, aber es muss in diesem Fall unbedingt deutlich werden, dass Rose ihr ganzes Leben lang ein steifes und vermutlich schiefes Handgelenk haben wird, wenn die Knochen nicht wieder in die richtige Stellung gebracht werden und wir den Arm nur eingipsen. Schliesslich schicke ich Rose mit Auntie zu headnurse Lilian. Diese erklaert, wirbt um Einsicht, stellt den Kontakt her zu dem gerade noch ein paar Tage in der Kinderklinik operierenden, europaeischen Gastchirurg her, und mit dieser Klinik gibt es zudem eine Partnerschaft, so dass ein bestimmtes Kontingent von kleinen Patienten zu nur geringen Kosten behandelt werden kann. Und endlich machen sich die beiden auf den Weg. Und schon scheint die Zukunft fuer Rose wieder ein wenig heller…
Die Daily Nation berichtet in diesen Tagen neben der allgegenwaertig heissen Tagespolitik vor allem von den Ergebnissen der KCPE-Pruefungen (Kenia Certificate of Primary Education). Viele Seiten der Tageszeitung sind mit Fotos gluecklicher Schueler und stolzer Eltern gefuellt. Das beste Ergebis im ganzen Land hat ein Albinomaedchen ereicht: 455 von 500 Punkten! Die 14-jaehrige Goldalyn Kakuya macht mit ihrem vorbildlichen Ergebnis vor allem auch denen Mut, die sich wegen koerperlicher Behinderungen oder Auffaelligkeiten benachteiligt fuehlen. Vor allem sei sie „an inspiration to persons living with albinism“, die wegen Stigmatisierung, Aberglauben und der hohen Lichtsensibilitaet in Afrika eine schweren Stand hatten und hier und da auch noch haben. Und ueberhaupt sind die Maedchen auf dem Vormarsch – unter den Kindern mit den besten Abschluessen sind mehr als die Haelfte „young ladies“.
(Danke an Sascha fuer das Foto!)
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