sabinewaldmannbrun

Farbe. Linie. Sehen.


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Hufeisen’s Lebenslieder

Frisch erschienen ist gerade ein feines Büchlein (mit Audio-CD!) zum 70. Geburtstag des bekannten Flötenspielers Hans-Jürgen Hufeisen (und er ist auch Choreograph, Tänzer und Komponist)! Dabei waren die Vorzeichen schwierig: als Neugeborenes von der Mutter in einem Hotel zurück gelassen, durfte er sich später im Kinderheim an die Musik herantasten und bekam als Schulbub schließlich eine Flöte geschenkt. Und damit begann sein Lebensgärtchen sich auch in Tönen zu entfalten – ein Garten, der trotz der Suche nach seiner Mutter, die ein Grundklang bleibt, heute reich blüht. (Ich durfte mitfeiern, nämlich Farbe und Zeichnungen beitragen!).

Hans-Jürgen Hufeisen: Lieder meines Lebens, mit einem Geleitwort von Anselm Grün. Verlag am Eschbach 2024, 22 Euro (mit AudioCD), 104 Seiten, gebunden. ISBN 978-3-98700-095-9


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Mama kocht Borschtsch

Bunte, im Wind flatternde Bänder, vielfarbige Sonnensegel, ein großes bemaltes Herz, das einlädt auf die Milchstraße! Eine Speisekarte, die Vorbeischlendernde zum Verweilen einlädt: beim Spazieren an Zanzibar’s Ozeanbrandung entlang führt der Weg auch in eine kleine ukrainische Enklave. Hier kocht Alla ukrainische, russische und örtliche Spezialitäten. Ja, im Februar 2022 sei sie hier gestrandet. Und erstmal geblieben. Zwar klappt es noch nicht reibungslos mit Strom und Wasser, aber sie plant neben dem kleinen, gemütlichen Restaurant im oberen Stockwerk noch einen kleinen Shop mit Kunsthandwerk aus eigener Produktion.

Tatsächlich waren einige ukrainischen Urlauber wie Alla im Februar 2022 auf der Gewürzinsel und konnten zunächst, wenn überhaupt, dann nur unter großen Schwierigkeiten zurück nachhause. Die Verwaltung der revolutionären Republik Zanzibar zeigte sich überaus gastfreundlich, man nahm die Gestrandeten großzügig auf und unterstützte, wo nötig. Kleine Risse in der vorbehaltlosen Gastfreundschaft taten sich auf, als bekannt wurde, wie mit afrikanischen Studenten aus der Ukraine umgegangen wurde, die ihrerseits ja plötzlich ihre gesamte Ausbildungsplanung infrage gestellt sahen und deutlich weniger verständnisvoll aufgefangen wurden als ihre ukrainischen Kollegen. Doch Alla hat jetzt schon ein paar Würzelchen schlagen können, die Tochter hat eine Stelle in einem Hotel angenommen, und täglich kommen Gäste zu Tisch auf den Milky Way zu Borschtsch und Freedom und noch allerlei bunten Überraschungen mehr…


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Unkonventionelle Methoden?

Gabriel, 52 Jahre alt, stellt sich mit Rückenschmerzen vor. Er habe gestern solche Schmerzen gehabt, er habe einen Freund gebeten, sich mit den Füßen auf die betreffende Seite am Rücken zu stellen. Es könne ja nur etwas verschoben sein, und damit gebe es doch eine Chance, dass sich etwas wieder gerade rückt? Aber jetzt schmerze es noch mehr… Was er denn arbeite? Gabriel schleppt Pakete mit Steinen auf den Bau. Nein, es gibt kein Fahrzeug, man müsse die Teile auf den Rücken laden…

Mary, 32 Jahre alt, hat ebenfalls Rückenschmerzen, aber auch die Arme fühlen sich schwach und weh an. Was sie denn arbeite? Sie müsse Wasserflaschen transportieren. Gebinde a 24 Stück, davon jeweils 4 Stück, müssen auf dem Rücken zum Verkaufsbüdchen gebracht werden. Jeden Tag seit 2 Jahren.

Wendy, 49 Jahre alt, arbeitet in einer Fabrik. Auch sie hat Rückenschmerzen. Ich bitte sie, zu beschreiben, was sie täglich tut.  Sie erzählt, dass etliche Personen eine Reihe bilden und Säcke mit Baumaterial vom einen zum anderen gereicht würden. Ja, die Säcke seien schwer.

Zwischen zwei Patienten gehe ich hinüber in die Pharmacy, wo die leitende Schwester und ihre Stellvertreterin gerade am beratschlagen sind. Was empfehlt ihr mir, frage ich, wenn die Patienten, die froh sind um jeden noch so unmöglichen Job, Hauptsache, man kann damit wenigstens ein bisschen Geld verdienen, davon Schmerzen bekommen und ihre Gesundheit ruinieren? Was soll ich ihnen sagen? Was hilft ihnen?

Sie sollen sich ausruhen, sagen die beiden klugen, lange berufserfahrenen Kenianerinnen.  Und ihre Arbeit? Ist das nicht riskant, dass man einfach ausgewechselt wird, hier, wo es so viele junge Leute gibt, die Arbeit suchen? Du darfst dir das nicht so zu Herzen nehmen, meinen die Ladies, schick sie ohne Schmerztabletten zum Ausruhen nachhause, sonst haben sie bald Magengeschwüre.

William kommt hinkend in unser Sprechzimmer. Ein Ast dient ihm als Stütze. Der Unterschenkel schmerzt. Vor 3 Wochen war er gestürzt und hatte in einem Privat-Hospital eine Salbe erhalten. Nein, kein Röntgenbild. Dafür hatte das Geld nicht gereicht. Ich schicke ihn zum Röntgen: der grosse Unterschenkelknochen ist gebrochen. Hoffentlich heilt alles doch noch, wenn auch arg verspätet, gut in unserem Gips…

Die Daily Nation berichtet wieder mit vielen Fotos und Interviews über die Kinder, die das letzte Schuljahr mit den besten Punktzahlen abgeschlossen haben. Wieder sind viele Mädchen dabei, die auch grosse Pläne haben!

(Mehr über unsere Projekte unter http://www.german-doctors.de)


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African Ladies – Sharon

21-years old Sharon lives in Mathare Valley for some time already with her mother and sister. But since her mother is a faithful and reliable worker, the girls could get a good  education right from the beginning. Starting at St. Benedict’s primary school when she was 3 years old, she could continue with secondary school, which she completed in 2013. Because there was not enough money for 1 year, she stayed at home to help with the daily issues before she could continue at KIPS (Kenyan Institute of Professional Studies) in 2015: she enrolled in information and communication technology. After one successful year she had to stop again because of financial problems and is waiting now for a chance to continue. 

When Sharon told me what would be necessary to continue her studies, I thought: it is not a high amount – but five years, until she would achieve her goal is a long time to go. Is there a possibility for a shorter education, I ask her? Her dream is to finish what she started. But, if she was able to continue at least for 2 years, she could work as a secretary. Is there another alternative, I ask her, and feel bad about these dream- crushing questions. No, Sharon says, this is her dream.  And she will stay with it.

Where does she see herself in 10 years, I ask, not willing to let go hope for this bright girl. She wants to be a system analyst and work in one of the ministries of her country. And she would try to gain enough influence to lower school fees ( there is a trace of a smile when she mentions that).

And her motto? Never loose hope, Sharon says. Determination. Focusing life.

 

Die 21jährige Sharon lebt schon seit geraumer Zeit mit ihrer Mutter und der kleineren Schwester in Mathare Valley. Aber da die Mutter eine tüchtige und verlässliche Arbeiterin ist, konnten die Mädchen von Anfang an in die Schule gehen. Nachdem Sharon mit drei Jahren in der St. Benedict’s Primary School ihre Ausbildung begonnen hatte, konnte sie 2013 die Secondary School abschliessen. Nach einer wegen finanzieller Engpässe eingelegten Pause von einem Jahr begann sie ihr Studium am Kenyan Institute for Professional Studies. Hier reichten die Ersparnisse gerade mal für ein Jahr. Jetzt wartet sie auf eine Möglichkeit, ihr Studium fort zu setzen.

Als sie mir erzählt, um welche Beträge es sich handelt, denke ich, so hoch sind sie nicht. Aber für fünf Jahre?! Gibt es nicht eine schlankere Variante, für die man nicht so lange Geld investieren muss? Nach zwei Jahren könnte sie zumindest eine Stelle als Sekretärin finden, meint Sharon. Und eine andere Alternative, frage ich, und schäme mich für dieses Beharren auf einer Sparvariante. Nein, sagt Sharon. Sie will ihren Traum noch nicht aufgeben.

Wo wäre sie gerne in 10 Jahren angelangt, möchte ich wissen. Und bin nicht gewillt, die Hoffnung für dieses kluge Mädchen aufzugeben. Sie möchte im Bereich Systemanalyse arbeiten, zum Beispiel in einem Ministerium. Und vielleicht hat sie die Möglichkeit, so viel Einfluss zu gewinnen, dass die Schulgebühren für kluge Mädchen gemindert werden können (ein halbes Lächeln huscht vorüber und ist wieder verschwunden).

Und ihr Motto? Nicht die Hoffnung zu verlieren, sagt Sharon. Entschlossenheit. Eine Punktlandung versuchen.

 


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Sanaa na upendo – Kunst und Liebe

Der Tag ist kunsthandwerklich anspruchsvoll. 11 Gipse sind neu anzulegen, dazu sind 6 Exemplare mit der Gipssaege zu enfernen, dem jeweils neu befreiten Patient zu erklaeren, wie er den in Wochen der Ruhigstellung  muede gewordenen Fuss wieder aufwecken  oder den Arm vorsichtig mit Kokosnussoel massieren und beueben kann, damit die fruehere Feinmotorik wieder zurueck kehrt. Der Mann mit der Saege hat nach kurzer Zeit Schweissperlen auf der Stirn, der Plastikmuelleimer im Dressingroom fuellt sich mit Gipsschalen, so dass wirklich garnichts mehr sonst hinein passt, die kleineren Patienten bruellen wie am Spiess, weil sie noch nicht wissen, dass die kreischende Saege nur Hartes, aber nichts Weiches schneidet.

Waehrenddessen werden die Neuen angelegt – ein Gips muss passen, darf nicht druecken oder zu schwer sein, sollte ordentlich aussehen und zudem fuer die Fraktur  der richtige sein (alles nicht selbstverstaendlich). Ich liebe dieses feine Modellieren, das Handinhandarbeiten, so es denn gut klappt. Und bin froh ueber den einen oder anderen „starken Mann“, der flexibel ein schweres  und mit jeder hinzukommenden Gipsbinde schwereres Bein haelt – insbesondere einen, der heute einen weissen Kittel mit dem Aufdruck „The strong heart of Africa“  traegt, nehmen wir mehrmals in Anspruch.

Bei einer der Ladies finde ich bei den aus dem zu kontrollierenden Beingips herausschauenden Zehen wunderbare Malereien auf den Naegeln vor – sie war in einem Nagelstudio! Pinkfarbene Linien und blaue Puenktchen ergeben ein prachtvolles  Bild am schwarzen Fuss zum  weissem Gips.

„Das ist gut“, sagt Jane Rose, „so fuehlt sich das Bein geliebt nach all dem Stress mit der Fraktur und dem Gips!“

 

…mehr über unsere Arbeit unter:

https://www.german-doctors.de/de/projekte-entdecken/nairobi

 

 


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African Ladies – Merceline, student to be

I met 23-year old Merceline, when I was looking for her mother, who has her 4-squaremeter tailor-business on the main road of Mathare valley at village market. Mama Lucy was not around, but busy to get some buttons coated with the same fabric as the blouse she had sewn. Meanwhile Merceline welcomes the clients and also does some sewing. Being asked, what she wants to do in the future, she tells me about her plans quite precisely (and she does not want to continue tailoring).

Big Dream No.1 would be to study food production at Utalii College, but this one is also the most expensive variation. The 600 Euro for 1 semester are just too much for the daughter of a widow. But she does not give up yet – she even has set up a plan for one year to find a way. – Is it not possible to get into the business by volunteering, I ask her? – Not, if there aren’t any connections, she explains. And there are none.

Small dream No.2: Join the cabin crew of an airline would have been great, too, but Merceline has doubts.  After training, she thinks, she will already be too old for that (!). Small dream No.3: Nursing would be another possibility, but there again is the problem of finance – nursing school is expensive, too.

And if these three dreams will not come true – she could still be a farmer at Homa Bay, which is the home of her family. What would she like to grow then? Maybe melons and maize.

As I ask about her motto, Merceline tells me just one word: „success“! First aim will be to find a way to start college. Even her boyfriend has to wait. Time for a family is not right yet. First she has to get her life organized, she says.

Is she proud of her country, I ask? At least I have heard, that Kenia is one of the rising nations in Africa. – There is only profit for a few, Merceline thinks, most Kenians are struggling hard. Though:  public facilities might be better then in other african countries…. 

 

Der 23-jährigen Merceline bin ich begegnet, als ich auf der Suche nach ihrer Mutter war, die ihr 4 qm grosses Schneiderlädchen auf der Hauptstrasse in Mathare Valley am Village Market hat. Mama Lucy war nicht zugegen, sondern gerade damit beschäftigt, Knöpfe in dem gleichen Stoff beziehen zu lassen wie die Bluse, die sie genäht hatte. Währenddessen hält Merceline die Stellung, heisst die Kunden willkommen und näht auch ein wenig. Auf die Frage, was ihre Pläne für die Zukunft sind, hat Merceline sehr konkrete Vorstellungen. Und die Schneiderei soll es nicht sein.

Der grösste Traum: am Utalii College Ernährungswissenschaften zu studieren. Allerdings wäre das auch die teuerste Variante. Die 600 Euro pro Semester kann ihre verwitwete Mutter nicht aufbringen. Aber noch will Merceline diesen Traum nicht aufgeben. Eine Jahresfrist hat sie sich gesetzt, um vielleicht doch noch einen Weg zu finden. – Ob man nicht über ein Praktikum hinein kommen kann, frage ich? – Nicht, wenn man keine Beziehungen hat, meint Merceline. Und sie hat keine in diesem Bereich.

Ein anderer, kleiner Traum war, Stewardess zu werden. Aber wenn erst die Ausbildung geschafft ist, wäre sie vermutlich schon zu alt(!). Sie hat gehört, dass die Mädels im Flieger alle Anfang Zwanzig seien. Und dann wäre da noch die Idee, Krankenschwester zu werden, aber da mangelt es wieder an den Finanzen. Die Schwesternausbildung ist auch teuer in diesem Land.

Und wenn all das nichts wird, könnte sie immer noch Farmerin in Homa Bay, der Heimat ihrer Familie, werden. – Was würde sie anpflanzen wollen, frage ich? – Melonen und Mais vielleicht, doch, das wäre ein Plan…

Hat Merceline ein Motto? Ein einziges Wort sagt sie mir: „Erfolg“. Jetzt will sie erstmal schauen, ob es nicht doch irgendwie mit dem College klappen kann. Auch ihr Freund muss sich noch eine Weile gedulden. Sie möchte noch keine Familie gründen. Zuerst möchte sie Struktur in ihr Leben bringen.

Ob sie stolz auf Kenia ist, frage ich? Immerhin ist das Land eines der aufstrebenden in Afrika. Davon profitieren nur wenige, meint Merceline. Die meisten Kenianer müssen sich sehr mühen, um sich über Wasser zu halten.  Allerdings, die öffentlichen Einrichtungen sind vielleicht garnicht so schlecht…


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African Ladies – Judith, Guard

When Judith was 15 years old, she had to quit school, because one of her parents died. She married early and had twins as her firstborns and a boy next.  Though her husband is working in house construction, her contribution was also needed for the little family of five, and Judith started as a guard for a security service.

At 4.30 a.m. she leaves the house to walk the 90 minutes to reach her job, in the evening she comes home at 7.30 p.m. and she does this 7 days per week. She doesn’t see it as possible to take a single day off. Vacation? No chance. Her monthly payment: 90 Euros. Private dayschool for the twins is 120 Euros per month. When the children were little, Judith says, they called her „Auntie“, because she was home so seldom. By now, the twins are 8 years old and when Mom is not around they have to care for the little one, who just turned 3. 

„My family is my gift from god“, Judith says. In ten years, she hopes, there will be a better job for her, though she likes this kind of work quite much. From one of her colleagues she even could learn to make earrings and bracelets out of beads, that she can sell now. „I would like to be rich for the children.“  Yes, family is the most important thing in her life. 

(From all the pictures that we took inside and outside Judith chose this one: sitting in the little house at the entrance of her working area).

 

Als Judith 15 Jahre alt war, musste sie die Schule verlassen, weil ihre verwitwete Mutter  die Gebühren nicht mehr aufbringen konnte. Judith heiratete früh, es wurden Zwillinge geboren, und vor 3 Jahren noch ein Sohn. Obwohl ihr Mann im Baugewerbe arbeitet, wird für den Unterhalt der fünfköpfigen Familie auch ihr Einsatz gebraucht.

Zu ihrer Arbeit im Sicherheitsdienst bricht sie morgens um 4.30 Uhr auf und geht 90 Minuten zu Fuss zu ihrer Arbeitsstelle. Heim kommt sie abends gegen 19.30 Uhr.  Sie hat eine 7-Tage-Woche und sieht keine Möglichkeit, einmal frei zu nehmen. Urlaub gibt es keinen. Dafür erhält sie umgerechnet 90 Euro im Monat. Das ist schon fast der Betrag, der für das Schulgeld der Zwillinge aufgebracht werden muss: 120 Euro im Monat. Als die Kinder klein waren, erzählt Judith, haben sie „Tante“ zu ihr gesagt, weil sie so selten zuhause war. Heute sind die Zwillinge 8 Jahre alt und müssen sich um den Dreijährigen kümmern, wenn sie nicht da ist.

„Meine Familie ist ein Geschenk Gottes an mich,“ sagt Judith. In 10 Jahren wäre sie gerne an einer besseren Arbeitsstelle, obwohl sie die Arbeit als Security sehr mag. Von einer der Kolleginnen lernte sie die Herstellung von Ohrringen und Armbändern, die sie hin und wieder verkaufen kann.“Ich wäre gern reich um der Kinder willen“, meint sie. Ja, die Familie ist ihr das Kostbarste.

(Von all den Fotos, die wir drinnen und draussen gemacht haben, hat sich Judith dieses ausgesucht: hinter den Gittern im Eingangsbereich ihrer Einsatzzentrale).

 


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African Ladies: Jane, Translator

This year Jane was my translator and I did appreciate her dedicated and precise translation. And was curious in the morning, which colors she would wear – all official blue with yellow earrings and shoes? Or different shades of green added to the blue? Or just black and white, that she choose for her picture – she wanted it taken ‚full size‘ and without a smile – just her upright earnest self.

Jane was born as the second child of fifteen, so there already was a lot of responsibility for her smaller brothers and sisters in her early age. And finally there was not enough money for school fees when she was 16 years old – though she was a bright girl, she had to leave school. After some time of just being at home and helping her two mothers, she was lucky to find a sponsor at church for a program to help children with education: she enrolled in book binding, that she finished after a year with her certificate.    

Jane got married early and had two children: Oscar and Ivy. But her husband did not care well for the family and when difficulties became too many, the couple separated after 9 years. Now Jane was alone with her children. And finally so glad to find a job at Baraka as a Community health worker. Her team went from door to door to visit people in Mathare Valley Slum and worked on reducing HIV Stigma.

2005 she could take a course in management of skin diseases for 3 months, then in 2009 started to work in the Tuberculosis program with German Doctors. Her present job as a translator, the one, she likes most, she started in 2012. She learns a lot from the doctors,  she says. And she never seems to get tired to explain the same facts over and over again for our patients and to get used to a different doctor every six weeks.

After staying in Mathare in a one room house with her children for some time she could move to a different place with more space during the post election violence.                                                                    

Her motto is: „Don’t loose hope, one day your time will come!“ And indeed: in 2013 she could finally finish school (in evening lessons) and got her high school diploma! Sometime, maybe,  she wants to buy a piece of land and build her own house. „…and give my best to return to the community“, she says. I think, she already does!

In diesem Jahr war Jane meine Übersetzerin und ich schätzte  ihren Einsatz und ihre präzise Übertragung der Kommunikation mit den Patienten sehr. Und ich war jeden Morgen auf die kleinen Farbaspekte gespannt, mit denen sie das Blau der Arbeitskleidung untermalen würde – gelbe Ohrringe und Schuhe zum Blau? Hier und da ein Grün oder Türkis unterhalb des Schürzenrandes? Oder Schwarz und Weiss pur, so wie sie sich für ihr Foto kleidete, und ohne Schnörkel – ganz so, wie sie eben ist: gerade und ernsthaft…

Jane wurde als zweites von 15 Kindern zweier Mütter geboren, so dass sie bereits früh reichlich Mitverantwortung für ihre kleinen Geschwister zu tragen hatte. Und schliesslich reichte das Schulgeld nicht für die grosse Kinderschar – mit 16 musste sie die Schule verlassen. Nach einer Zeit des „nur“ Zuhausehelfens konnte sie innerhalb eines kirchlichen Förderprogramms zumindest eine kleine Ausbildung in Buchbinderei belegen, die sie nach einem Jahr mit Zertifikat abschloss.

Früh heiratete sie und wurde Mutter von Oskar und Ivy. Der Ehemann jedoch kümmerte sich wenig um die Familie und nachdem die Spannungen zunahmen, kam es nach 9 Jahren zur Trennung. Nun war Jane mit den Kindern allein und froh, in Baraka eine Anstellung als Dorfgesundheitshelferin zu erhalten – ihr Team ging von Tür zu Tür, um über HIV und AIDS aufzuklären.

2005  konnte sie einen dreimonatigen Kurs zur Behandlung von Hauterkrankungen belegen, 2009 schliesslich in das Tuberkuloseprogramm von German Doctors wechseln. Ihre jetzige Anstellung als Übersetzerin ist ihr die liebste bisher, sagt sie – Jane lernt eine Menge von den Ärzten und hat eine unerschütterliche Geduld, den zahllosen Patienten immer wieder dasselbe zu erklären und sich alle sechs Wochen auf einen anderen Arzt einzustellen.

Nachdem sie eine zeitlang mit ihren Kindern in einer Einraumhütte in Mathare gelebt hatte, konnte sie in der Zeit der gewaltsamen Ausschreitungen nach der letzten Wahl in eine andere Gegend umziehen, wo es nun ein wenig mehr Platz für die kleine Familie gibt. Ein wichtiger Satz für Jane ist: “ Gib die Hoffnung nicht auf, eines Tages kommt deine Stunde!“ Und tatsächlich: 2013 konnte sie in der Abendschule endlich ihren Schulabschluss nachholen. Und vielleicht wird sie einmal ein Stück Land kaufen und ihr eigenes Haus bauen können, das wäre ein Traum, sagt Jane. Sie will ihr Bestes geben. Und damit ihren Beitrag zum Gelingen der Gesellschaft leisten. Ich denke, das tut sie bereits…..


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Purity

– Die 22jährige sitzt nicht, sie kniet, umhüllt von einem farbenfrohen Ketenge-Tuch, den Oberkörper auf die Knie ihrer Begleiterin gelegt, die Füsse gefährlich nah am Öffnungsbereich meiner Sprechzimmertür. Aus ihrer Einzimmer-Wellblechhütte unten am Flüsschen haben ihr Bruder und die Schwägerin sie über den halsbrecherisch schmalen und steilen Steinpfad nach oben bis zu unserer Ambulanz geschleppt. Als sie auf der Untersuchungsliege angekommen ist, geschoben, gedreht, gehoben, halb lehnend, ist zu sehen, was die Explosion des in der Hütte genutzten Kerosinkochers angerichtet hat: fast die Hälfte der Körperoberfläche ist verbrannt. Eine Woche lang hat sie im grossen Kenyatta-Hospital die Akutbehandlung erhalten, dann wurde sie nachhause geschickt. Oder sie hat sich selbst aus Kostengründen entlassen? So ganz klar ist das nicht.

Brust, Bauch, Arme und Sitzfläche sind zweitgradig verbrannt, wobei die Körpervorderseite und ein Teil des linken Arms bereits zu grossen Teilen abgetrocknet und am heilen sind. Am schlimmsten aber sind die Oberschenkelvorderseiten betroffen, sie sind zu grossen Teilen noch von dicken, abgestorbenen Hautlappen bedeckt, die sich zu lösen beginnen. Die Verbände sind mit den Wunden verklebt, es riecht. Bei dieser Gelegenheit einmal zum Glück hat Purity heute weder etwas gegessen noch getrunken, so können wir in Kurznarkose die Wunden versorgen. „Krass,“ sagt der jüngere Kollege nur, als die tote Haut sich in Fetzen bis auf des Unterhautfettgewebe abziehen lässt. Was sich nicht leicht und von selbst löst, bleibt vorerst als Deckung. Dennoch verbraucht die grosse Wundfläche all unsere Vorräte an Fettgaze, die ein Verkleben der Wunde mit dem Verband verhindern soll.

So geht das nicht, denke ich. Eine so schwere Verletzung wie diese muss in die Klinik, braucht tägliche Verbandswechsel mit Abtragung der abgestorbenen Hautanteile in Kurznarkose und dann irgendwann die plastische Deckung. Nachdem Purity verbunden und wieder leidlich wach ist, planen und organisieren wir die Wiederaufnahme in die Klinik. Die Angehörigen und auch Purity selbst sind scheinbar einverstanden.

Diese Kurz-OP lässt mich ratlos und bedrückt zurück. Kurzzeitig ist mir der ganze Patiententrubel zu viel, ich mag im Moment keine Wunde mehr sehen und keine Symptomschilderung mehr hören. Mir ist nach einem Stück blauen Himmels, nach ziehenden Wolken und einem frischen Windstoss in den Haaren. Der Anfall geht zum Glück schnell vorüber. Was soll da erst die Patientin sagen, gefangen in ihrer verbrannten Haut?

Drei Tage später. Hausbesuchstour im Slum mit Sozialarbeiterin Rose (oben im Bild: die Lady in Türkis). Auf einem der buckeligen Pfade hält uns ein Mädchen an, wir sollten nach seiner Schwester schauen, der es nicht gut gehe. Wir klettern den steinigen Hang hinunter und finden Purity in ihrer Hütte vor. Ihre Stirn ist heiss trotz des Antibiotikums, die Wunden sind, seit sie bei uns war, nicht mehr frisch verbunden worden. Ein längeres Gespräch folgt, ein zähes Verhandeln. Die Familie will zum Verbandswechsel nach Baraka kommen. Das wäre für sie günstiger. Rose versucht zu erklären, dass dies unsere Möglichkeiten übersteigt. Die Headnurse wird eingeschaltet und schlägt vor, den Betrag zur Klinikeinweisung zu übernehmen. Wir versuchen es noch einmal, Purity stationär unterzubringen und schicken sie mit dem Krankenwagen, damit sie auch sicher dort ankommt.

Diskussionen am Abendbrottisch. Darf ein einzelner Patient so viel an Ressourcen für sich beanspruchen? Welche Töpfe gibt es, die sich vielleicht für die weitere Behandlung erschliessen lassen? Wie soll man entscheiden, welche der vielen Patienten, die jung, schwer krank und noch dazu arm sind, Unterstützung erhalten, die über das Übliche hinaus geht? Und ob überhaupt? Und wenn ja, für wie lange? Quälende Fragen, noch quälendere Zustände für diejenigen ohne finanzielle Reserven. Denn es gibt sie ja, die gute und notwendende Medizin. Es gibt in Nairobi Krankenhäuser mit hohem Standard, aber man muss am Eingang die Kreditkarte auf den Tisch legen. Wenn man eine hat.

 

(- Die Daily Nation berichtet in diesen Tagen auf’s ausführlichste von den endlich bekannt gewordenen Ergebnissen der Schulabschlussprüfungen zu Jahresende. Bilder von jubelnden Schülern, Interviews mit den Jungen und Mädchen mit den höchsten Punktzahlen. Berichte auch über den einen oder anderen Betrug.

Eine ganze Seite ist tapferen Schülern gewidmet, die besondere Hürden überwinden mussten und dennoch gute und sehr gute Ergebnisse erzielten: Da ist Joy, die bei einem Unfall ihren rechten Arm verlor und zunächst lernen musste, mit dem linken zu schreiben und zu zeichnen.  Von Wesley ist die Rede, der zwischen zwei schweren BauchOPs trotzdem auch noch in der Klinik die Nase tief in die Bücher steckte und einen Monat, nachdem er entlassen wurde, die Prüfungen gut bestand. Von Fatima wird berichtet, dem ersten Mädchen in ihrem Dorf, die einen Highschoolabschluss, zudem mit sehr guten Ergebnissen, erlangt hat. Und dann wird da noch Josephat vorgestellt, der als Sohn einer alleinerziehenden, arbeitslosen Mutter von 7 Kindern seine Schulgebühren mit Holzhacken und Farmarbeit verdienen musste, bis er ein Stipendium erhielt. Er schloss mit der Höchstnote ab. „I am very proud of myself and when I look back to where I have come from, I thank God and my Sponsors and Mentors!“ sagt er. Und strahlt in die Kamera.)


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Kurudi kesho – komm morgen wieder…

Musik

~ Ein Auflauf im Dressingroom! Gerade zurueck von der Mittagspause mit Tomatenweissbrot, kann ich mich gerade so noch in den kleinen Raum hinein zwaengen. Jimmy, der seine offenen Beine hat verbinden lassen, hat die elektrische Gitarre mitgebracht! Ein wirklich edles, blank poliertes Stueck in Rot und Silber, aber leider ist weit und breit kein Lautsprecher aufzutreiben. Macht nichts. Ein bisschen hoeren kann man auch ohne Verstaerker, und Jimmy gibt, wenn auch leise, eine Kostprobe seiner Kunst mit Gezupf und Gesang, flott, in den Beinen kitzelnd, die alle begeistert. Auch eine CD hat er anzubieten, darauf, mit charmantem Laecheln, sein fein herausgeputztes Selbst – da entfaltet sich eine ganz neue Perspektive. Gut so, denn was fuer ein reduziertes Bild ergeben die dreimal woechentlich betrachteten offenen Beine! „Next week he will bring the boxes, too“, sagt eine der Schwestern. Muessten wir da nicht die headnurse um Erlaubnis fragen? „She will accept!“ sagt meine Uebersetzerin und klingt so, als wolle sie sich dieses Happening keinesfalls entgehen lassen. Ich meine, dass es die schweigsame, stundenlange Warterei in Enge und Daemmerlicht punktuell ein bisschen aufhellen wuerde. Die Headnurse ist hingegen noch nicht ueberzeugt. „Patients will crowd around him, not hear their names any more and cause a lot of inconvenience!“ Ob es irgendwann einen Mutanfall geben wird?

Dina

~ Eine Last auf dem Kopf balancierend, ein buckeliger Weg, ein Sturz – Dina ist mit dem Schienbein auf einem Stein aufgekommen. Zum Glueck ist nichts gebrochen, aber eine 12cm breite, tiefe und  gezackte Wunde hat sie sich dabei zugezogen. In der naechstgelegenen Gesundheitsstation flickt man beherzt, aber nicht genuegend kompetent den Schaden: mit stramm angezogenem Faden, etlichen Stichen an der Spitze des Hautlappens und fortlaufender Naht – lauter „Do not’s“, was Naehte am Schienbein (und anderswo) betrifft.

Ein paar Tage spaeter: das Bein ist geschwollen und schmerzt. Dina beschliesst, sich in Baraka vorzustelllen. Ich traue der Wunde nicht. Wird das gut gehen?  Soll ich die Naht jetzt schon loesen? Waeren es einzelne Knoten, fiele die Entscheidung leichter. Ich entscheide mich fuer ein Antibiotikum und taegliche Kontrollen. Noch tritt lediglich etwas klare Wundfluessigkeit aus. Nach zwei Tagen beginnt sich die Haut im Bereich der festgezurrten Nahr an der Lappenspitze abzuloesen. Ich schicke Dina in die Klinik, zu einer ordentlichen Wundrevision in Narkose. Am naechsten Tag ist sie wieder da, ja, man wollte sie schon stationaer da behalten, aber das ginge doch nicht wegen der Kinder. Sie hat einiges bezahlen muessen fuer Labor und diverse Medikamente, aber der Verband ist noch derselbe wie gestern. Ich oeffne die Naht auf ganzer Breite, noch ist nichts eitrig, aber die Hautraender sind teilweise abgestorben und werden schwarz. Ich bestelle Dina fuer den naechsten Tag nuechtern ein, um die Wunde in einer Kurznarkose gruendlich saeubern zu koennen.

Das einzige Narkosemittel, das wir zur Verfuegung haben, ist Ketamin in Kombination mit einem Beruhigungsmittel. Diese Kombination bewirkt keine tiefe Narkose, sondern eher einen „dissoziierten“ Zustand – die Patienten schlafen zwar, verspueren keine Schmerzen und sind nicht ansprechbar, es kann jedoch sein, dass sie etwas erzaehlen, schimpfen, schreien oder immer den gleichen Satz wiederholen, je nach Ausgangsgemuetszustand. Und Dina, die ein Kopftuch mit  lauter kleinen Herzchen und Schriftzuegen „I love Jesus“ traegt, die sich entspannt und voller Vertrauen auf den etwas wackeligen OP-Tisch zwischen Sterilisator und Vorratsregal gebettet hat, faengt, sobald sie schlaeft, an, laut zu singen. Jared, der, waehrend ich einen grossen alten Bluterguss aus der Wunde spuele, die Narkose mit ueberwacht, lacht. Ob er mir uebersetzen kann, was sie da, froehlich und fern ihres Wachbewusstseins schmettert? „Gott hat ein Wunder an mir getan,“ uebersetzt er, waehrend ich noch das Ausmass an totem Gewebe betrauere und mich ueber das Healthcenter aergere, das ihr eine Wundheilungsstoerung groesseren Ausmasses beschert hat. Denn wenn ich wirklich alles an toter Haut entferne , liegt die Knochenfaszie frei und das verheisst nichts gutes und im schlimmsten Fall eine Knochenentzuendung. Ich hoffe, sie bewahrt sich ihren guten Mut fuer die naechsten Wochen. Zumindest diese Chancen stehen gut, wenn man das in ihrem Herzen gespeicherte Vertrauenspolster bedenkt…

Foto: Wandmalerei aus dem Frauengefaengnis in Langata, Kenia